Blog Cali – La Tebaida – Salento – Perreira, Kolumbien
Nach einer unruhigen Nacht, in der wir viel Musik und lautes Gerede ertragen (oben am Fenster sind Lüftungsschlitze, damit wir ja alles mitbekommen) erkundigen wir die Stadt. Das erste Ziel ist eine Parkanlage mit kleinen Hütten, in denen Souvenirs verkauft werden. In den Wasserfontänen des Parks duschen sich die Obdachlosen. Unterwegs begegnen wir sehr vielen armen, obdachlosen Menschen, das ist uns bisher noch in keiner südamerikanischen Stadt so extrem aufgefallen.
Im Gegenzug sind wir erstaunt, wie die Kolumbianer freundlich und hilfsbereit auf uns zugehen und uns (wildfremde Touristen) anquatschen: woher kommt ihr, wie geht es euch? Nachfolgend ein Beispiel:
Wir schlendern durch die Stadt und suchen verzweifelt das libanesische Restaurant Pita Majita, welches sich gemäss «Tripadvisor» 1.7km weg von unserem Hostel befinden soll. An der Kreuzung, an welcher das Restaurant stehen sollte, schauen wir uns fragend um. Sogleich kommt uns ein Händler entgegen und fragt, was wir suchen. Er kennt das Restaurant nicht und schickt uns zu einer weiteren Strasse mit Restaurants.
Dort werden wir aber nicht fündig und gelangen wieder zurück zur Kreuzung. Dort bietet der Händler wieder seine Hilfe an, er schickt uns zur Polizeistation, da sollen wir nachfragen. Etwas später rennt er hinter uns her. Er habe einen Taxifahrer gefragt, das Restaurant befinde sich nicht hier sondern in einer anderen Gegend. Er hält für uns ein Taxi an und gibt dem Fahrer durch, was wir suchen. Der kennt das Restaurant nicht, auch eine Konsultation mit seinem Natel bringt uns nicht weiter. Wir geben auf, bedanken uns bei unserem eifrigen Helfer und fahren mit dem Taxi zurück zum Hostel. Dort angekommen finden wir heraus, dass das gesuchte Restaurant nur einen Block (keine 100m) von hier entfernt ist!
Im Hostel-eigenen Reisebüro buchen wir eine Stadtbesichtigung. Damian, unser Guide fährt mit uns die Hügel hoch zum Christo Rey, der Christus Statue, welche seine schützenden Hände über die 2.4 Millionenstadt hält. Es ist leicht bewölkt, so wird uns der Blick auf die hohen Berge der Umgebung verwehrt.
Damian erzählt uns, wie in den Jahren 1980 – 1995 das Cali-Drogenkartell der Rodriguez-Brüder mit dem Medellin-Kartell von Pablo Escobar ihre blutigen Revierkämpfe ausgetragen haben. Die mächtigen Kartelle wurden schlussendlich zerschlagen. Da im 2016 mit den FARC-Rebellen eine Waffenruhe ausgehandelt wurde, sei Kolumbien jetzt ein sicheres Reiseland geworden.
Neben der Statue des Gründers der Stadt Cali, dem spanischen Eroberer Sebastian de Belalcazar stehen viele Mangobäume. In der ganzen Stadt wurden sämtliche grossen Bäume inventarisiert und mit einer Plakette versehen. Niemand darf ohne Erlaubnis einen dieser Bäume fällen, dass finden wir eine gute Idee.
Im Park El Gato del Rio, wo sich der Fluss durch das Zentrum schlängelt, haben Künstler verschiedene, farbige Katzen gestaltet.
Auf der Plazoleta Jajro Varela wurde zu Ehren der bekanntesten Salsaband «Niche» ein Trompeten-Monument erstellt. Unter der Trompete hört man den Song der Band.
Im Park Simon Bolivar degustieren wir einen feinen Drink mit Lulo, einer sehr erfrischenden Frucht. Stefan meint, der Drink wäre gemischt mit etwas Vodka bestimmt der Hit in Europa!
Cali rühmt sich als die Salsa-Hauptstadt der Welt. Als krönender Abschluss der Tour erhalten wir im Hostel noch eine Stunde Gratisunterricht im Salsa Colombiana. Stefan benötigt vorher (dringend) noch ein kühles Bier. Er stellt sich aber danach gar nicht so doof an, wie man es von ihm erwartet hätte.
Am Sonntag wirkt ganz Downtown wie ausgestorben, es hat kaum Menschen auf der Strasse und die Shops und Restaurants sind geschlossen. Zu Fuss machen wir uns auf eine «Tour de Murals» an der Stefan die bunten Wandmalereien fotografiert, welche es praktisch an jeder Ecke zu bestaunen gibt.
Wir wollen das Zuckerrohrmuseum besuchen, welches sich etwa eine Stunde ausserhalb von Cali befindet. Mit dem Taxi geht’s zum Busbahnhof, von hier aus geht es mit dem Sammelbus weiter. Die Fahrt dauert so lange, weil der Bus (gefühlt) an jeder Ecke anhält um Gäste ein- oder auszuladen. In Amaime angekommen, fährt uns ein weiteres Taxi zum Museum. Da das Freiluftmuseum fernab der Zivilisation liegt, bietet sich der Chauffeur an, er werde auf uns warten und uns nach dem Besuch wieder zurück ins Dorf fahren.
Beim Eingang erhalten wir eine kleine Karte und eine Beschreibung der einzelnen Stationen (leider alles nur auf Spanisch). Der Weg führt uns durch einen wunderschönen botanischen Garten. Bunte Schmetterlinge, Kolibris und andere Vogelarten sowie Eichhörnchen begegnen uns auf dem Spaziergang. Vorbei an uns unbekannten Blumenblüten und uralten Baumriesen gelangen wir zur künstlich angelegten Seenlandschaft. Es ist wirklich wunderschön hier!
Auf dem Rundgang sind verschiedene, uralte Werkzeuge (Zuckerrohrpressen) ausgestellt. In einer Hütte wird die Zuckerrohrherstellung auf diversen Schrifttafeln visualisiert. Die Hazienda ist ebenfalls sehr sehenswert, wir fragen uns, ob hier auch Sklaven gehalten worden sind? Heute ist es jedenfalls eine paradiesische Oase in mitten der Zuckerrohrfelder. Kolumbien ist übrigens der zweitgrösste Exporteur des «süssen Goldes» der Welt.
Da Stefan’s Fotoapparat seit dem Wüstensand von Peru den Geist aufgegeben hat, sind wir auf der Suche nach einem geeigneten Ersatz. Wie erwartet wird es auch in Kolumbien alles andere als einfach, überhaupt irgendwo einen Fotoapparat zu finden! So quälen wir uns erfolglos durch vier grosse Einkaufszentren auf der Suche nach einer vernünftigen Kompaktkamera. Es gibt aber keine Geschäfte mit einer breiten Auswahl. Entweder gibt es riesige Profigeräte oder nur ganz einfache Fotoknipser zu kaufen. Im fünften Anlauf besteht für uns die Auswahl aus zwei Apparaten. Die eine Kamera ist viel zu teuer und die günstigere überzeugt uns auch nicht wirklich. Da wir aber dringend eine Kamera benötigen, entscheiden wir uns zähneknirschend für den Kauf der günstigeren.
Die fünf Tage vergehen wie im Flug, so stehen wir schon wieder mit Sack und Pack beim grossen Busterminal. Kaum haben wir das Terminal betreten werden wir bereits gefragt, wohin wir wollen. Es geht in Richtung Armenia, das kleine Dorf La Tebaida ist unsere nächste Wunschdestination. Das passt, er führt uns zu einem kleinen Bus, das Gepäck wird verstaut, wir steigen ein und wir verlassen die Grossstadt.
Auch dieser Bus ist weder ein Express noch ein Direktbus. Die Türe ist während der Fahrt offen und der Beifahrer hängt halb aus dem Bus heraus und schreit allen unser Endziel entgegen. Was wohl die SUVA dazu sagen würde? Unterwegs halten wir öfters an, der Beifahrer steigt aus und versucht, möglichst viele neue Fahrgäste zu rekrutieren. Draussen wechseln kleine Banknoten den Besitzer, es gibt wohl eine Provision für angeworbene Fahrgäste!
Plötzlich deutet der Fahrer, wir sollen aussteigen. Komisch, wir sind doch noch weit von unserem Ziel entfernt? Der Beifahrer meint, wir werden jetzt umgeladen und so setzen wir unsere Weiterreise in einem bequemeren Kleinbus fort. Draussen feilscht der Beifahrer noch mit dem neuen Chauffeur um den Fahrpreis, während wir unser Gepäck umladen. Weiter geht es durch die hügelige Gegend, bis wir in La Tebaida ausgeladen werden.
So weit so gut, ist hier weit und breit kein Taxi zu sehen, welches uns zum Hotel Mirador las Palmas bringen kann. Kein Problem, wir sollen einfach im Restaurant nachfragen. Der Besitzer ist extrem freundlich und organisiert uns ein Taxi. Er verhandelt sogar den Preis mit dem Chauffeur, da wir eh nur abgezockt werden würden. Wir sind geplättet ab der kolumbianischen Gastfreundschaft!
Unser traumhaftes Resort liegt etwa zwei Kilometer von der Hauptstrasse abgelegen und idyllisch eingebettet in einem Hügel. Wir werden herzlich empfangen und erhalten einen Willkommensdrink sowie ein Upgrade für ein Superior Zimmer. Die Aussicht ins Grüne ist sensationell, die geniale Sicht vom Pool aus kann man getrost als kitschig bezeichnen!
Die nächsten Tage relaxen wir in unserer Wohlfühloase. Wir fühlen uns im hellen Zimmer mit grossem Balkon mit Hängematte, dem riesigen Pool und dem Whirlpool aufgehoben wie die Könige. Schnell schliessen wir Freundschaft mit den vielen Hauskatzen, welche zu jeder Zeit für ausgedehnte Streicheleinheiten zu haben sind.
An die kolumbianischen Arepa (Maisfladen) zum Frühstück müssen wir uns zuerst noch gewöhnen, die schmecken einfach nach nix. Dafür mundet die frisch gepflückte Ananas einfach himmlisch!
Auf dem vom Resort angelegten Wanderweg bewundern wir die verschiedensten Blüten und Pflanzenarten. Moni wird jedoch von fiesen Mücken durch die langen Hosen hindurch gepiesackt, sie hat im Moment genug vom «Dschungel». Diese Mistviecher plagen uns die ganze Zeit, die lachen nur über unseren aus der Schweiz mitgebrachten Mückenspray.
Fast obligatorisch ist in der Gegend der Besuch einer Kaffeeplantage. Zusammen mit einem Paar aus Uruguay werden wir ca. 45 Minuten zur Anlage von «Recuca» chauffiert. Recuca (Recorrido de la Cultura Cafetera) ist eine Firma, welche Kaffeeplantagenbesuchern die Welt des Kaffees näher bringt. Zudem produziert die Firma ungefähr drei Tonnen Kaffee pro Jahr.
Unser englischsprechender Guide Jefferson erzählt uns alles Wissenswerte über den Kaffee und dessen Herstellung. Die Kolumbianer trinken übrigens nur sehr wenig Kaffee, 90% der erstklassigen Bohnen sind ohnehin nur für den Export bestimmt. Die restlichen 10%, die im Lande bleiben, sind für viele Kolumbianer zu teuer. Somit müssen sie sich mit den zweitklassigen Bohnen (von Käfern zerfressen) zufriedengeben. Unsere Schweiz ist übrigens einer der Topkonsumenten von Kaffee weltweit!
Auf dem informativen Spaziergang durch die Plantage erklärt uns Jefferson, welche Sorten hier angepflanzt werden, wie eine Kaffeepflanze gesetzt wird und wie die Kaffeebohnen gepflückt werden (in Kolumbien werden nur die roten Beeren gelesen). Zwischen den Kaffeepflanzen werden Bananenstauden gepflanzt, das gibt Schatten und zudem einen guten Nebenerwerb.
Während Jefferson uns den erfrischenden Drink der Kaffeepflücker «Bogadera» (Rohrzucker, Zimt und Limone) mixt, dürfen wir selbständig rote Bohnen ablesen. 10kg schwer ist ein Korb voll, die Kaffeepflücker erhalten dafür einen Lohn von ca. CHF 1.00. Das ist Schwerstarbeit, da die Sträucher nur 2x im Jahr reif sind. Den Rest des Jahres müssen die roten Beeren an den Pflanzen gesucht werden. Ein Arbeiter schuftet bis zu 12 Stunden täglich, egal bei welchem Wetter, er wird nur nach Leistung bezahlt.
Danach sehen wir, wie die Bohnen maschinell von der Schale getrennt, gewaschen und getrocknet werden. Zuletzt werden sie aus der Hülle getrennt und fertig sind die Bohnen zum Versand. Geröstet werden sie dann in den Exportländern. Natürlich erhalten wir auch eine Kostprobe vom Premium Kaffee. Jefferson erklärt uns, dass Espresso nicht wie angenommen mehr sondern weniger Koffein beinhaltet, dass Kaffee nicht zu heiss getrunken werden soll (bevor Wasser kocht) und dass man am besten die Tassen vorher aufheizt um den intensivsten Geschmack zu erhalten.
In dieser Gegend feiern einige Kaffeedörfer das Fest des Jepao (Jeep Willy). Es wird zu Ehren des berühmten Weltkriegsfahrzeugs Willy abgehalten. Der Jeep wird von vielen Kaffeebauern zum Transport der Kaffeesäcke benutzt. In einem kleinen Kinosaal wird uns an einem Miniaturaufbau eines typischen Kaffeedorfes gezeigt, wie diese Parade der Autos aussieht.
Zum Abendessen degustieren wir den vom Servierpersonal als «wirklich gut» angepriesenen roten Hauswein. Tja, auf diesen kolumbianischen «Beerliwein», welcher zuerst extrem süss im Mund und danach sauer den Magen hinunterperlt, können wir in Zukunft getrost verzichten! Wir stellen allerdings auch fest, dass die meisten Kolumbianer den Wein stehen lassen.
Unser nächstes Etappenziel Salento liegt auf 2’500m Höhe, es ist wieder wesentlich frischer hier oben. Im kleinen Dorfzentrum herrscht der Tourismus vor. Auf der Plaza und in der Einkaufsstrasse laden unzählige Fressbuden, Restaurants, Boutiquen, Bars und Kaffees zum Verweilen ein.
Die Hauptsehenswürdigkeit des Gebietes ist das Valle de Cocora mit seinen hohen Wachspalmen. Der «Willy Jeep» wird mit Touristen gefüllt. Man glaubt es nicht, aber vorne haben drei, hinten sechs und aussen auf dem Trittbrett finden zusätzliche vier Touristen Platz! So eingequetscht fahren wir ca. 20 Minuten ins Tal hoch.
Im Tal angekommen hat man die Wahl, zu wandern oder hoch zu Ross das Terrain zu erkundigen. Wir entscheiden uns für die Wanderung. Auf einer Weide müssen wir «Durchgangsgebühren» bezahlen, weil der Weg durch ein Privatgelände führt. Dafür erhalten wir ein weisses Bändeli, welches uns von weitem als «Trekker» abstempelt.
Auf den ersten Blick könnte man meinen, man sei in den Schweizer Alpen, nur etwas passt nicht in diese Idylle, die extrem hohen Wachspalmen, unter denen die Kühe grasen.
Hoch geht’s bis nach Acaime, wo sich das Casa de Colibri befindet. Der Weg ist anspruchsvoll und führt uns durch Matsch und Dreck. Die Hängebrücken sind etwas instabil und wirken nicht sehr vertrauenswürdig. Wir schaffen es fast ohne Probleme (Stefan holt sich einen nassen Schuh) bis hoch zur Hütte. Die vielfältige, tropische Fauna in diesem Regenwald ist sehr faszinierend!
Oben angekommen können wir in aller Ruhe (umgeben von vielen anderen Touristen) die Fotos von den begehrten Kolibris knipsen, welche hier angelockt und gefüttert werden.
Beim Abstieg beginnt es leider stark zu regnen. Die Wachspalmenwälder sind nebelverhangen und im Regen nur schlecht zu fotografieren, trotzdem wirken die Fotos irgendwie mystisch.
Schlecht geschlafen, das liegt wohl an der brisanten Mischung aus Vollmond, den lauten Gockeln und rammligen Katzen! Da die nächsten Busse nach Pereira ausgebucht sind und wir sonst lange warten müssten, gönnen wir uns ein Taxi an die nächste Destination.
Pereira ist die Hauptstadt des Departamentos Risaralda und zählt immerhin fast 500’000 Einwohner. Wir besuchen die Parkanlagen und die grosse Kirche Senora de la Pobreza, welche uns durch die massiven Holzbauten an der Decke beeindruckt. Das Denkmal auf dem Vorplatz zeigt den Staatsgründer Simon Bolivar nackt auf einem Pferd.
Vom Balkon einer Bar aus verfolgen wir eine Osterprozession, an der Kinder aus verschiedenen Ortschaften musizieren und Heiligenfiguren durch die Strasse tragen.
Wir wollen austesten, ob der Taxidienst «Uber» auch bis nach Medellin funktioniert. Das erste Taxi erscheint nicht und annulliert die Reise. Das nächste Auto wartet einen Block weiter vorne auf uns. Als wir dann endlich unser Gepäck verladen haben und ich sage: Vamos a Medellin, fängt der Chauffeur an zu schwitzen! Nein, das sei viel zu weit, alleine der Hinweg dauere fünf Stunden, das könne er unmöglich machen.
Mit einer so langen Fahrt haben wir auch nicht gerechnet, so lassen wir uns zum Busterminal chauffieren, wo wir ein Busticket lösen. Ein bequemer Kleinbus fährt uns direkt nach Medellin. Der Chauffeur kennt allerdings keine Limits, er überholt die langsameren Fahrzeuge an allen möglichen (und unmöglichen) Orten. Für uns gilt die Regel, einfach Augen zu und durch!
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