Reiseblog La Réunion / 10.03. – 21.3.2019
Schlappe 30 Minuten sollte der Flug von Mauritius nach La Réunion dauern. Wir sitzen bereits angeschnallt im Flieger und erhalten dann die frohe Botschaft, dass das Flugzeug wegen einer technischen Störung verlassen werden muss. Am Ausgang stehen für alle Fälle zwei Feuerwehrfahrzeuge bereit.
Dreieinhalb Stunden später sitzen wir in einem anderen Flugzeug und heben endlich ab. La Réunion liegt versteckt in den Wolken, als wir landen. Die Insel gehört zu Frankreich und deshalb wird hier mit Euro bezahlt.
Wir holen unseren Mietwagen ab, ein neueres Renault Clio Modell.
Am Hügel von Saint Suzette richten wir uns im gemütlichen Studio-Appartement einer Villa ein. Den erfrischenden Pool dürfen wir mitbenutzen.
Der schmale Küstenstreifen von La Réunion präsentiert sich meist wolkenfrei, während im Landesinnern gegen Mittagszeit die Bewölkung stark zunimmt und es auch oft und stark regnen kann.
Saint Denis, die Hauptstadt der Insel, ist bekannt für die im kreolischen Stil erbauten Villen aus der Kolonialzeit.
So spazieren wir die mit hübschen Strassenlaternen gesäumte Rue de Paris entlang und begutachten die Häuserfassaden. Leider sind die meisten der ehemals stolzen Kolonialhäuser in einem erschreckend zerfallenen Zustand. Für dringend notwendige Renovierungsarbeiten müsste sicher sehr viel Geld investiert werden.
Am Meer flanieren wir über die kleine Parkanlage, bevor Moni in der Fussgänger-Shoppingmeile einige Klamottenshops aufsucht. Verpflegung für die nächsten Tage kaufen wir in einem riesigen Carrefour-Supermarkt ein.
Wandern geht man am besten früh am Morgen. Bewaffnet mit Wasser und Sandwichs starten wir bei den Cascades Niagara. Im Wasserfall fliesst leider im Moment nur ein kleines Rinnsal, trotzdem ist die Sicht auf die Felsen und den kleinen See reizvoll.
Wir erklimmen den im Internet gut beschriebenen Wanderpfad rechts dem Wasserfall entlang. Steil geht es über Stock und Stein, einige Steinbrocken sind lose, andere rutschig. Kurz vor dem Ende des Aufstiegs führt der Pfad ins Nichts, so dass wir wieder umkehren müssen. Unten angekommen haben wir wackelige Knie und sind wegen der drückenden Hitze total verschwitzt.
Im 19. Jahrhundert war La Réunion mit 200 Tonnen der Hauptexporteur von Vanille. Heute sind es nur noch um die zwei Tonnen.
In der «La Vanilleraie», einer Vanille-Plantage, erfahren wir auf der 40-minütigen Führung von Christoph alles über diese Pflanzen und die Herstellung des zweitteuersten Gewürzes der Welt, der Vanille-Stengel.
Ganze 110 Sorten soll es weltweit geben, deren Ursprung ist in Mexico angesiedelt, bereits die Azteken wussten das Gewürz zu schätzen.
Jede Blüte muss mühsam von Hand bestäubt werden, damit ein Vanillestängel wachsen kann. Auch sonst ist hier alles Handarbeit, von der Lese über das «Abtöten» im heissen Wasser, danach werden die Stengel an der Sonne getrocknet und ein Jahr in Teakholzkisten gelagert, bevor sie der Länge nach sortiert und zu Bündeln abgepackt werden.
Es ist noch eine weitere Wanderung geplant. Mit Unterstützung von «Maps.me» kurven wir die Hügel hoch und verirren uns in einem Labyrinth aus steilen und engen Wegen. Ganze zweimal stehen wir vor einer Hauseinfahrt, wo eigentlich eine Strasse eingezeichnet ist. Über einige Umwege schaffen wir es trotzdem, das Auto auf der geplanten Rundwanderung zu parkieren.
Über einen Felsenpfad klettern wir zum Bassin Chouchou, der Wasserfall mit einem Bassin liegt idyllisch mitten in der grünen Natur.
Viele Treppenstufen führen hinunter zur Cascade Zéclair, wo uns einige Kids stolz zeigen, wie sie von 10m hohen Felsbrocken in die Tiefe des kleinen Badesees springen.
Leider ist hier kein Weiterkommen mehr möglich, auch diese Rundwanderung entpuppt sich als «Dead-End». Trotzdem geniessen wir die üppige Natur mit ihrer Blütenpracht. Über ein Drittel der Insel ist auch heute noch mit Primärwäldern bewachsen.
Ein weiterer Ausflug führt uns hoch in die Berge. Schnell fahren geht hier nicht, es hat viele Baustellen, Haarnadelkurven und der Weg ist sehr steil.
Das kleine Bergdörfchen Hell-Bourg hat den Ruf, eines der schönsten Dörfer Frankreich zu sein. Der kleine Dorfkern mit den Kolonialgebäuden ist sicher schmuck, wir haben aber in Frankreich schon unzählige, hübschere Dörfer gesehen.
Auf der Suche nach den Überresten eines antiken Thermalbades werden wir von lästigen Mücken fast aufgefressen, so dass wir unser Vorhaben aufgeben.
Im Städtchen von Salazie sollte man einen kurzen Halt einlegen, um die Kathedrale zu besuchen und in die tiefe Schlucht zu blicken.
Die nächsten Nächte verbringen wir auf dem Hochplateau von La Plaine des Palmistes. Mit Genuss verdrücken wir die leckeren Longan-Früchte, welche überall am Strassenrand verkauft werden und wie Lychees aussehen. Als Willkommensgeschenk erhalten wir eine Flasche Rum welche mit Fruchtsaft angereichert wurde, hicks!
Im Dorf lohnt sich der Besuch der «Domaine des Tourelles», eine der schönsten Bourgeois Villen im kreolischen Stil. Es gibt einen Souvenirshop und verschiedene Künstlerateliers zu besichtigen.
Auf der gut geteerten Strasse brettern wir am Morgen früh die Hügel hinauf bis zum Naturschutzgebiet «Foret de Bebour».
Vom Parkplatz aus erreicht man nach einigen Minuten den Aussichtspunkt Gite de Bélouve. Der Ausblick auf die noch wolkenlose Bergwelt und den 3’070m hohen Piton de Neiges ist wunderbar.
Es folgt eine 1 ½ stündige Wanderung meist auf Holzstegen durch einen Märchenwald, vorbei an wunderschönen Blumen, bunte Rotkardinale begleiten uns auf dem Weg.
Am Ende wartet das «Trou de Fer», das Eisenloch. Von der Aussichtsplattform blicken wir ehrfürchtig in die Tiefe, wo ein rauschender Wasserfall ins Tal hinunterfliesst. Auch hier geniessen wir das seltene Glück, dass der Wald und das Tal wolken- und nebelfrei sind.
Störend sind hier nur die winzig scheinenden Helikopter, welche im Minutentakt Touristen durch die tiefe Schlucht fliegen.
Am nächsten Morgen erreichen wir nach einer stündigen Kurvenfahrt das «Mondplateau». Man hat das Gefühl, als ob man sich auf einem fremden Planeten befindet.
Von hier aus führt eine üble Schotterpiste bis zum Aussichtpunkt des Piton de Fournaise. Der Blick auf das Kratertal und den aktiven Vulkan ist praktisch wolkenfrei.
Bereits eine halbe Stunde später erobern die Wolken den Gipfel. Die Vulkanwanderung ist im Moment gesperrt, da vor einer Woche grössere Vulkan-Aktivitäten gemessen wurden. Mit 180 Ausbrüchen seit 1640 gehört der Vulkan zu den aktivsten der Erde.
Trotz unseres knappen Platzes nehmen wir zwei junge Anhalterinnen mit, welche wir den Berg hinunterführen. Sie waren mit Kollegen auf einer siebentägigen Durchwanderung der Insel unterwegs. Die eine hat sich jedoch verletzt und die andere wurde krank.
Am Fusse des Berges steht im Ortsteil Piton Sainte-Rose die Kirche Notre-Dame-des-Laves. Sie wurde im April 1977 fast von einem Lavastrom zerstört, welcher erst im Kirchenschiff zum Stehen kam.
Weiter unten am Meer prallten alle vier Elemente aufeinander, Wasser, Feuer, Luft und Erde, als der feurige Lavastrom schlussendlich aufs Meer traf.
Die verschiedenen Formationen von erkaltetem Lavagestein haben eine bizarre Landschaft hinterlassen. Speziell ist auch der goldfarbene Sandstrand, das haben wir noch nie gesehen.
Am Meer weht eine wohltuende Brise, ein kleiner Park lädt zum Picknick ein. Gleich nebenan fliessen die Anse Wasserfälle die Felsenwand hinunter.
Die Strasse um das Südkap wird auch «Route de Lava» genannt. Einige Passagen wurden bei früheren Vulkanausbrüchen von Lava überschwemmt. Es ist faszinierend und zugleich erschreckend, wie sich der zerstörerische Lavastrom durch die Landschaft gepflügt hat.
Auf der Suche nach der «Ferme Auberge Desprairies» werden wir zur Abwechslung mal von «Google.Maps» verarscht. Nach vier Kilometern engster Kurvenfahrt stehen wir vor einem unpassierbaren Waldweg. Alles nochmals retour zum nächsten Dorf und wieder den Hügel hinauf, bis wir fündig werden.
Das Abendessen wird an einem grossen Tisch serviert, wo sich alle Gäste versammeln. Ein schmackhaftes, kreolisches Mahl mit geräucherter Ente wartet auf uns, dazu werden verschiedenste Ruminfusionen kredenzt.
Jeden Samstag findet in Saint-Pierre der riesige Wochenmarkt statt. Die unzähligen Stände sind gut besucht und bieten leckeres Gemüse, Früchte, Säfte und Samosas an. Natürlich fehlen weder das Kunsthandwerk noch der Touristenkitsch im Angebot.
Das «Domanine du Cafe Grillé» bietet selbst hergestellten Kaffee an und ist bekannt für seinen botanischen Garten. Bewaffnet mit einer deutschgeschriebenen Dokumentation besuchen wir den eindrücklichen und mit viel Liebe angelegten Garten.
Nebst Kakteen, Riechpflanzen, Früchten oder Orchideen gibt es auch verschiedenste Baumarten zu bestaunen. Leider wird Moni’s Blut von den unzähligen, fiesen Stechmücken bevorzugt.
Im Appartement von Alejandro werden wir mal wieder mit einem Rum-Drink empfangen, welchen wir im kühlenden Pool geniessen.
Danach stören uns die Wespen im offenen Küchenbereich, die fette Spinne im Schlafzimmer und die Kakerlake im Gang nicht mehr gross.
Wir haben uns für eine Lava-Tunnel Tour angemeldet. Am vereinbarten Treffpunkt erwartet uns der Höhlenforscher Teddy. Zu fünft fahren wir weiter den Hügel hoch, bis wir zum Eingang des Tunnels gelangen.
Die Höhle «Tunnel Bleu» ist bei einem Lavaaustritt vor 22’000 Jahren entstanden. 2011 wurde der Eingang per Zufall gefunden, als eine schwere Maschine plötzlich einige Meter abgesackt ist. Der Zugang ist im Privatbesitz und nur vier Guides dürfen mit maximal sechs Gästen den 550m langen Tunnel erkundigen.
Bewaffnet mit Handschuhen und Helm mit Lampe steigen wir hinunter in den Tunnel, welcher maximal 5m unter der Erde liegt. Es herrscht eine angenehme Temperatur von 18 Grad, die Luftfeuchtigkeit beträgt jedoch 96%!
Einige Passagen müssen auf allen Vieren vorwärts kriechend bewältigt werden, diese Tour ist definitiv nicht für klaustrophobisch veranlagte Menschen geeignet!
Teddy erklärt uns, wie ein Lava-Tunnel entstehen kann: an der Oberfläche und an den Seiten des Lavastroms erkaltet die Lava zuerst, im Innern fliesst aber noch der Lavafluss, welcher manchmal vollständig ausgespült wird.
Skulpturenähnliche Formen in verschiedenen Farben gibt es zu bestaunen, Stalagmiten und Stalaktiten aus erkalteter Lava. Nichts darf angefasst werden, da alles sehr fragil ist. Es ist ein tolles Abenteuer, das Innere eines früheren Lavastromes zu begehen.
Für einige Minuten werden die Lampen ausgelöscht. In vollkommener Dunkelheit lauschen wir dem Plätschern des Wassers, meditieren und geniessen den mitgebrachten Kaffee.
Am schwarzen Vulkanstrand von Etang Salé findet Stefan einen tollen Schnorchelspot, Moni muss ihre angeschlagenen Ohren und den Hals schonen.
Über die Küstenstrasse erreichen wir La Saline les Bains, wo wir ein Appartement für die nächsten drei Nächte gemietet haben. Auf dem Balkon erwartet uns eine Katze, die herzzerreissend nach Aufmerksamkeit miaut. Woher die wohl kommt? Sie gehört dem Nachbarn und ist über den Balkon ausgebüxt.
Laut unserer Recherche gilt der Strand von L’Hermitage als bester Schnorchelspot der Insel. Der Strand ist übervoll mit Menschen, da die Einheimischen jetzt Schulferien haben.
Zu unserem Erstaunen stellen wir fest, dass der grösste Teil des Riffes als Schutzzone gilt und nicht betreten werden darf. Obwohl wir enttäuscht sind, sind wir dennoch froh, dass das Riff geschützt wird vor den unsäglichen Schnorchel-Anfängern, welche tollpatschig auf dem Riff herumtrampeln.
Unser Hausriff befindet sich in einem guten Allgemeinzustand, trotz der niedrigen Wassertiefe macht es Spass, hier zu schnorcheln.
Eine weitere Sehenswürdigkeit ist die Krete von Maido. Hunderte von Kehren und Haarnadelkurven führen uns in einer Stunde von 0 auf 2100m Höhe.
Der Maido ist ein vulkanischer Gipfel mit einem atemberaubenden Ausblick auf den Cirque de Mafate.
Es ist kaum zu glauben, aber einige Touristen klettern über die Abschrankungen, um auf den rutschigen Felsen ihre gefährlichen Selfies machen zu können.
Etwas weiter unten machen wir uns auf eine angenehme Rundwanderung durch den geschützten Nationalpark.
Erwähnenswert sind auch die tollen Picknickplätze mit Aussicht, welche von den Einheimischen rege besucht werden.
Während der Rückfahrt touchiert ein Auto den Strassenrand und hängt mit einem Rad in einem tiefen Graben. Die Insassen eines grossen Reisebusses helfen kräftig mit, um das Auto wieder auf die Strasse zu ziehen.
Gemütlich fahren wir der Nordküste entlang bis nach Sainte Claudette, wo wir unsere letzte Nacht verbringen. Unterwegs legen wir einige Stopps ein, damit Stefan die bunten Wandmalereien fotografieren kann.
Um 4.30 schrillt der Wecker, eine Stunde später geben wir das Auto am Flughafen ab. Am Check-in Schalter gibt es erstmals Probleme, weil wir den bestätigten Rückflug von den Seychellen nur auf dem Handy vorweisen können. Wir sollen einen Ausdruck des Tickets vorweisen. Nach einer mühsamen Abklärungsrunde und knapp vor Ablauf des Check-Ins ist es erstaunlicherweise an einem anderen Schalter ohne Ticket möglich.
La Réunion, wir sagen «au revoir»! Du hast uns mit deinem Mix aus europäischem und kreolischem Flair, deinen ursprünglichen Primärwäldern, den Korallenriffen und den zerklüfteten Gebirgslandschaften in deinen Bann gezogen.
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