Blog Mexiko-Stadt / 10. – 13. Dezember 2017
Mit gemischten Gefühlen landen wir nach einem 2.5 stündigen Flug in der Hauptstadt von Mexico. Was haben wir schon alles Negatives über die Millionenmetropole gehört, es sei hier dreckig, überbevölkert und allgemein gefährlich, vom täglichen Verkehrskollaps gar nicht zu sprechen. Jetzt werden wir uns vor Ort ein Bild machen.
Beim Anflug geniessen wir bei bestem Wetter die überwältigende Aussicht auf eines der grössten Stadtgebiete der Welt. Die gewaltige Metropolregion Mexico-Stadt mit seinen 20 Millionen Einwohnern ist unterteilt in 16 Bezirke und 300 Stadtviertel!
Mit dem Taxi geht’s ins historische Zentrum der Stadt, der Fahrer ist jung und vermutlich unerfahren. Er kurvt auf abenteuerliche Weise kreuz und quer durch die überfüllten Strassen und meldet, dass die Altstadt grossräumig gesperrt sei. Nach fast einer Stunde Fahrt ist er nervös und verzweifelt, er meint, wir sollen zu Fuss weitergehen. Obwohl wir nicht gerade «amused» sind, lädt er uns an einer Strassenecke ab und gibt uns eine ungefähre Richtungsangabe, wo wir unser Hotel finden können.
Dank dem App «Mapsme» finden wir das Hotel ungefähr nach einem 10minütigen Marsch mit Gepäck durch das Gewusel der Altstadt. Da in den Strassen Autoverkehr herrscht, können wir die «grossräumige Sperrung» nicht ganz nachvollziehen.
Eine Free Walking Tour ist für uns der beste Weg, eine Stadt zu erkundigen. Unser Guide Miguel führt die Gruppe durch die Altstadt und erklärt uns die Entstehungsgeschichte der City, welche ursprünglich von den Azteken auf einer Insel gegründet wurde.
Vorbei geht es an den Prachtsbauten der Metropolitan Kathedrale, dem Nationalpalast, dem Templo Mayor, Alamenda Central und dem Museo de Bellas Artes.
Die Paläste und die Museen sind allesamt beeindruckende Gebäude. Der Gedanke daran, dass ein Grossteil der Bevölkerung bei der Erstellung dieser Monumentalbauten mausarm und hungernd dahinvegetierte, während die High Society rauschende Feste feierte, hinterlässt allerdings einen schalen Nachgeschmack.
Als wir an einer Strasse mit verschiedenen «Hochzeitskleider-Shops» vorbeikommen, erzählt uns Miguel, die bunten Gewänder seien für die fünfzehnjährigen Mädchen, welche ihr «Quinceanera» feiern. Dieses berauschende Fest ehrt den Übergang vom Kind zur Frau. Der Teenager trägt ein buntes Brautkleid (niemals weiss) und tanzt zu lauter Musik mit den Verwandten und Freunden. Ärmere Familien sparen bis zu einem Jahr im Voraus, damit auch sie ihrer Tochter ein schönes Kleid und ein ansprechendes Fest bieten können.
Fast obligatorisch gehört zur Stadtbesichtigung der Besuch der «Pasteria Ideal», ein Paradies für die Liebhaber von Süssigkeiten aller Art. Seit 1927 werden hier die Kunden mit Süssgebäck en Masse eingedeckt. Man schnappt sich eine Greifzange und füllt das Serviertablett mit der riesigen Auswahl an süssen Leckereien.
Danach geht’s zur Verpackungstheke, hier wird der Preis ausgerechnet (das Gebäck ist unfassbar billig), danach geht’s weiter zu einem Zahlschalter, wo man eine Quittung kriegt, mit der man die Ware dann wieder schön verpackt abholen kann.
Im oberen Stock kann man die unglaubliche Auswahl von über 200 verschiedenen Torten besichtigen!
Essen gehört wohl zur Lebenseinstellung der Mexikaner, der Besuch einer der unzähligen Taquerias darf deshalb nicht fehlen. Die «Tacos al Pastor» schmecken vorzüglich! Das Schweinefleisch wird tagelang in eine Marinade aus getrockneten Chili und Achiote (natürlicher, roter Lebensmittelfarbstoff) gelegt und dann wie ein Döner mit einer offenen Flamme an einem sich drehenden Spiess gegart.
Auch die «Mole» darf dabei nicht vergessen werden, eine scharfe Sauce auf Kakaobasis. Das Original-Rezept umfasst mehr als 100 Zutaten! Es ist ein süss-scharfes kulinarisches Erlebnis!
Auf dem Hauptplatz «Zocalo» ist eine grosse Eislaufbahn aufgebaut worden, obschon es am Nachmittag über 20 Grad warm wird! Von der Tribüne aus kann man die unsichere Menschenmenge auf dem Eis belächeln, die hatten wohl ihr Leben lang noch nie Eis unter den Füssen. Das hindert die Mexikaner aber überhaupt nicht, in Scharen krallen sie sich am Geländer fest und ziehen sich über das Eis, ein extrem lustiges Schauspiel.
Gleich nebenan steht eine kleine Bobpiste, auf der man heruntersausen kann, little Switzerland in Mexiko, unglaublich aber wahr!
Ein riesiger, künstlicher Weihnachtsbaum krönt den Zocalo. Er überragt die meisten Häuser und wird am Abend in einer bunten Lichtershow beleuchtet. Auch die umliegenden Gebäudefassaden sind weihnachtlich geschmückt.
Die Schattenseite der Grossstadt ist nicht übersehbar, in den Gassen der Altstadt tummeln sich viele Bettler und Obdachlose, deren bittere Armut ist überall spürbar. Trotzdem fühlen wir uns in der Altstadt sicher aufgehoben, die Polizeipräsenz ist entsprechend hoch.
Bewaffnet mit dem Fotoapparat geht Stefan auf die „Tour de Graffiti“, besonders tolle Exemplare der Spraykünstler befinden sich in der Gegend um die Calle Regina.
Eine Fahrt mit dem gut ausgebauten Metrosystem kostet ca. CHF 0.30 und man kann damit die ganze Strecke abfahren! Wir besteigen die U-Bahn und fahren bis zur Basilica de Santa Maria Virgen. Schon von weiten fallen uns die vielen Menschen auf, welche kleine Maria-Statuen oder gar grosse Gemälde auf dem Rücken tragen.
Heute ist für die unzähligen Gläubigen ein besonderer Festtag, la Virgen de Guadalupe gilt als die Nationalheilige und Schutzpatronin der Mexikaner. Immer am 12. Dezember pilgern bis zu einer Million Menschen zur Basilika der Jungfrau von Guadalupe, um die Heiligen-Erscheinung aus dem Jahre 1531 zu ehren.
Einem Indio soll eine wunderschöne Frau erschienen sein, als Beweis zeichnete sich auf seinem Mantel das Gnadenbild Marias ab. Aus dem Grund wurde auf dem Hügel von Tepeyac eine Kapelle errichtet. Interessanterweise war die Erscheinung keine weisse sondern eine dunkle Frau. Da die Einheimischen vor diesem «Wunder» nur schwer vom Katholizismus zu begeistern waren, kam den herrschenden Kolonialherren die Erscheinung wohl gerade zur richtigen Zeit.
Auf dem Hauptplatz schleppen sich einige Pilger auf den Knien kriechend in Richtung der Basilka. Während drinnen ein Gottesdienst abgehalten wird, tanzen und singen draussen verschiedene Indio-Gruppierungen in bunten Gewändern und mit Glöckchen an den Füssen. Der Kopfschmuck aus Tierfedern ist einfach wunderschön. Der Trommelbeat versetzt die Tänzer in Trance und der Weihrauchduft regt die Sinne an, wir sind beeindruckt und können uns fast nicht satt sehen!
In der riesigen Parkanlage Chapultepec inmitten der Stadt befindet sich auch das gleichnamige Schloss. Den Zugang muss man sich zuerst verdienen und den Hügel emporsteigen.
Von hier aus geniesst man den Ausblick auf die Skyline von Mexiko Stadt und seine Wolkenkratzer. Aus der Ferne kann man die Smogwolke und die Slums hoch oben an den Hügeln gut erkennen.
Im 19. Jahrhundert liess Kaiser Maximilian das Schloss zur kaiserlichen Residenz umbauen. Es befinden sich verschiedene Kunstausstellungen in den Räumen. Die mittelalterlichen Einrichtungen und die Buntglasfenster lassen erahnen, welchen Prunk und Reichtum hier gelebt wurde.
Beim Rückmarsch empfiehlt sich ein Abstecher über den Paseo de la Reforma. Die Strasse gilt mit seinem «Angel del Indepencia» Denkmal in der Mitte eines riesigen Autokreisels als die Vorzeigeallee der Stadt.
Eine Stadtbesichtigung macht hungrig, in einem Japanischen Restaurant essen wir «Teppanyaki». Das Essen wird traditionsgemäss auf einer Stahlplatte direkt an unserem Tisch zubereitet. Wir geniessen unser «Surf and Turf» mit scharfem Chili und viel Knoblauch (inkl. den nachfolgenden Ausdünstungen).
Das Museum del Palacio de Belles Artes sieht nicht nur von aussen toll aus, es ist auch von innen ein Besuch wert, die Architektur im Art-Déco Stil ist wirklich gelungen!
Im Museum ist eine Gemäldesammlung und verschiedene Ausstellungen zu besichtigen, eine davon handelt von der berühmten Farbe «Rojo Mexicano». Diese spezielle, rote Farbe wurde von weltberühmten Malern verwendet. Sie wird aus Cochenille-Schildläusen hergestellt, welche die Mexikaner auf Kaktusblättern züchten. Aus den Insekten wird ein rotes Pigment gewonnen, bereits die Azteken färbten damit ihre Kleidung.
Der Palacio National ist ebenfalls sehenswert, am Eingang gibt man seinen Ausweis ab und erhält dafür einen Besucherpass. Wir haben leider nur kurz Zeit, den Kakteengarten und das grosse Gebäude mit den prunkvollen Skulpturen und den riesigen Wandmalereien zu besichtigen, da wir erst kurz vor Schliessung eingelassen werden.
Kein Tourist sollte Mexico verlassen, ohne eine «Lucha Libre» Show gesehen zu haben. Kaum zu glauben, aber nach Fussball gilt Lucha Libre als die beliebteste Sportart der Mexikaner! Die Show kann mit WWF «World Wrestling Federation» verglichen werden, welche bei uns im Fernsehen läuft.
Sexy Nummergirls, Kampfeinspielungen und laute Musik kündigen die verschiedenen Fighter mit Namen wie Dragon Lee, Johnny Idol, Shocker oder Titan an. Nach einigen Posen und der Anfeuerung des Publikums beginnt der Showkampf.
Viele Zuschauer tragen die Masken ihrer Lieblingsstars, es wird gefeiert und dabei viel Bier gebechert. Die Fans fiebern mit und teilen lautstark mit, auf welchen Kämpfer sie setzen und wer zur Hölle fahren soll. Bereits nach 10 Minuten kennen wir wohl sämtliche mexikanischen Fluchwörter auswendig.
Obschon wir die genauen Regeln nicht verstehen (gibt es die?) ist die Show kurzweilig und unterhaltsam, auch wir feuern unsere Favoriten lautstark an. Wir fragen uns, wie es die Kämpfer schaffen, sich keine schwerwiegenden Verletzungen zuziehen. Manchmal siegen die Guten, dann wiederum gewinnen die Bösen (natürlich nur mit unfairen Methoden) und die Menge tobt!
Nicht weit von der Hauptstadt entfernt befindet sich Teotihuacán, eine der bedeutendsten prähistorischen Ruinenstädte Amerikas. Wir haben uns für eine Gruppenbesichtigung angemeldet, da wir jedoch am Treffpunkt die einzigen sind, geniessen wir zusammen mit unserem Führer Miguel eine Privattour. Miguel ist 26 Jahre jung und Student, später möchte er gerne als Lehrer arbeiten. Ein Traum von ihm ist, dass er einmal Europa besuchen kann, wir drücken ihm die Daumen!
In einem überfüllten Linienbus führt uns Miguel zum Busterminal Norte, von hier aus geht’s mit einem bequemen Car eine Stunde in Richtung zentrales Hochland von Mexiko. In allen Überlandbussen werden die Passagiere entweder kurz gefilmt oder fotografiert, dass diene zu unserer Sicherheit!
In Teotihuacán angekommen, spazieren wir durch die Ruinen und klettern die verschiedenen Pyramiden hoch. Miguel erzählt uns die Entstehungsgeschichte der Anlage. Nicht die Azteken haben diese Stadt gegründet, bereits Jahrhunderte vor deren Eintreffen wurden diese magische Stadt von einem bisher unbekannten Volk erschaffen. Auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung sollen hier bis zu 200’000 Einwohner gewohnt haben!
Leicht keuchend erreichen wir den 46m hohen Gipfel der beeindruckenden Mondpyramide. Von oben überblicken wir das Tal und die riesige Tempelanlage. Wieder unten angekommen gibt es in einem renovierten Tempel noch einige uralte Wandmalereien zu bestaunen.
Obwohl es noch viel tolle Ausflugsziele in und um Mexico-City gibt, freuen wir uns doch darauf, wieder aus der Smogglocke rauszukommen. Seit wir hier sind, sind die Augen meist gerötet und die Nase blutet manchmal. Wir wundern uns auch nicht mehr, dass viele Menschen mit Mund- und Nasenschutz unterwegs sind.
Mit dem sehr komfortablen ADO-Car verlassen wir die Mega-Stadt in Richtung Süden bis wir etwa neun Stunden später unser nächstes Ziel Oaxaca erreichen.
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