Blog England bis nach Bratislava / 25.09. – 4.10.17
Herzlich verabschiedet und reichlich beschenkt verlassen wir unser Zuhause in Hemingbrough. Selbst der Himmel weint, als wir die Orchard Barn verlassen.
On the Road again, mitten auf der Autobahn in Richtung London gerät Stefan leicht in Panik, er habe wohl den Fotoapparat im Haus vergessen! Also die nächste Ausfahrt rausfahren und Gepäck-Kontrolle. Das verschollene Gerät befindet sich sicher verstaut im Kofferraum, Glück gehabt!
Nach einer dreistündigen Fahrt erreichen wir unser Tagesziel, die Universitätsstadt von Cambridge. Unser Airbnb Übernachtungsort entpuppt sich als ein gemütlich eingerichtetes Gartenhäuschen, welches vom intensiven Geruch her früher wohl als Sauna gedient hat.
Vorbei an grosszügigen, grünen Parkanlagen spazieren wir in die Altstadt. Wie es sich für eine Universitäts-Stadt gehört, treffen wir vorwiegend auf junges und flippig gestyltes Volk. Leider trüben die vielen Bettler, darunter auch erstaunlich viele Frauen, den sonst so sauberen Eindruck der Stadt.
Ein Highlight für die Touristen ist eine Gondelfahrt durch den Fluss Cam, welche von ehemaligen Studenten angeboten wird. Eine Stunde lang führt uns Patrick mit seiner langen Stange durch den Fluss.
Wir erfahren viel über das Studentenleben, die mächtigen Universitäten und die alten Brücken. Insgesamt gibt es in Cambridge 31 Universitäten, die meist prunkvollen Gebäude werden jedoch nur noch zum Schlafen, Essen und Feiern genutzt, studiert wird in moderneren Gebäuden in der Stadt.
Unser letztes Ausflugsziel in Grossbritannien ist Canterbury, eine weitere Universitätsstadt mit 55’000 Einwohnern. Sie liegt am Fluss Stour im Südosten Englands und ist Sitz des berühmten Erzbischofs von Canterbury und Zentrum der Anglikanischen Kirche Englands.
Die Altstadt ist sehr gut erhalten und ein Grossteil der Stadtmauer ist unversehrt. Die uralten Weberhäuser, die wehrhaften Türme und natürlich die prunkvolle Kathedrale sind sehenswert!
Am Abend verladen wir das Auto auf die Fähre und verabschieden uns von Grossbritannien in Richtung Calais.
Bei dichtem Nebel (sind wir uns von England her nicht gewohnt!) fahren wir durch Belgien bis nach Leuwen. Es fällt positiv auf, dass das Zentrum fest in Velo- und Fussgängerhand ist.
Wir bestaunen das Rathaus aus dem Jahre 1468. Mit all den spätgotischen Verzierungen und den Statuen ist es unangefochten der Prachtbau der Stadt! Gleich daneben befindet sich die Sint Pieterskirche, deren Fertigstellung bis heute unvollendet geblieben ist.
Wir setzen uns auf die Terrasse einer Bar und verfolgen bei einem Drink das bunte Treiben auf dem Hauptplatz. Der Plan war, uns einer Walking Tour anzuschliessen, welche im Internet angeboten wird. Zum angegebenen Zeitpunkt ist jedoch niemand vor Ort, so entdecken wir die Stadt halt auf eigene Faust. Der «Alte Markt» gleich um die Ecke, weist einige der schönsten Beispiele flämischer Baukunst auf.
Der Grosse Beginenhof in Löwen ist einer der grössten noch bestehenden Beginenhöfe in Flandern und gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Ein Beginenhof ist die typische Wohnanlage der Beginen, einer christlichen Gemeinschaft, die kein Ordensgelübde ablegte und auch nicht in Klausur lebte. Sie führten ein religiöses, eheloses Leben in Gemeinschaft. Heute werden in den Häusern Studenten und Gastprofessoren untergebracht. Es fühlt sich gut an, durch diese Oase der Ruhe zu flanieren.
Wir verlassen Belgien und fahren über eine Waldautobahn mit einigen Umleitungen (tja, nicht nur die Schweiz ist übersät mit Baustellen) bis nach Trier. Trier in Rheinland-Pfalz liegt an der Mosel und gilt als die älteste Stadt von ganz Deutschland!
Davon zeugen diverse römische Baudenkmäler wie das Amphitheater, die Kaiserthermen oder die Liebfrauenkirche. Bei bestem Wetter schlendern wir durch die Stadt und verdrücken als Wegstärkung einen leckeren Leberkas mit Semmel und Senf. Der Weg führt uns durch das Porta Nigra, dem schwarzen Tor hindurch. Es gilt als das weltweit am besten erhaltene römische Stadttor der Welt und datiert aus dem 2. Jahrhundert.
Der Trierer Dom und die mit einem Kreuzgang verbundene Liebfrauenkirche, wirken von aussen mächtig und ehrfürchtig. Auch im Innern des ältesten Doms von Deutschland fühlt man sich als Mensch winzig klein.
Weitere Sehenswürdigkeiten sind die Konstantinbasilika, welche im 2. Weltkrieg total zerstört und wiederaufgebaut wurde sowie der Kurfürstliche Palais mit den lauschigen Parkanlagen.
Während Monika auf Shoppingtour geht, zieht es Stefan zur Römerbrücke, welche die älteste Brücke nördlich der Alpen sei. Über fast zwei Jahrtausende führte der Weg zum linken Moselufer nur über diese Brücke, deren erste Version 17v. Chr. erbaut wurde.
Nach 300 Autobahnkilometern mit viel Verkehr erreichen wir Würzburg, unser nächstes Etappenziel. Unser kleines Appartement liegt etwas ausserhalb, deshalb fahren wir mit dem Bus ins Zentrum.
Sightseeing ist angesagt und Würzburg hat da einiges zu bieten wie das barocke Juliusspital, den Marktplatz mit der Marienkapelle und dem Falkenhaus oder dem Dom St. Kilian aus dem 12. Jahrhundert. Im Mittelalter war die Stadt ein bedeutendes wirtschaftliches, geistliches und hoheitliches Zentrum.
An der Main entlang befindet sich der «Alte Kranen», ein Wahrzeichen der Stadt aus dem Jahre 1773. Danach überqueren wir die mittelalterliche Mainbrücke mit den Heiligenfiguren. Von hier aus geniesst man einen tollen Ausblick auf die Festung Marienberg und den Schlossberg.
Ein Muss ist die Verköstigung eines Glases «Federweisser» auf der Brücke. Der süffige Wein geht runter wie Wasser, hat aber trotzdem 10,5% Alkohol, also mit Vorsicht zu geniessen! «Fränkischer Federweiser» wird der unfiltrierte Jungwein des Jahres nach der ersten Gärung genannt.
Vorbei an der alten Universität aus der Renaissance-Zeit geht es zum Hofgarten der Würzburger Residenz (UNESCO-Weltkulturerbe). Wir sind beeindruckt von der Grösse dieses Schlosses, vom edlen Schlossgarten und den hohen, geschmiedeten Toren. Der Bau aus dem 18. Jahrhundert ist eines der bedeutendsten Barock-Schlösser Europas.
Unsere Route führt uns nach Aidenbach, einem kleinen Marktdorf in Niederbayern. Unterwegs machen wir an der Öberauer Donauschleife Mittagsrast und spazieren dabei der Donau entlang. Aidenbach dient uns nur als Übernachtungsort und hat sonst nicht viel zu bieten.
Bei Regen und nur 11 Grad fahren wir nach Österreich. Über die Autobahn geht es in Richtung Linz/Wien. Danach wählen wir eine Landstrasse bis nach Baden bei Wien, einem bekannten Kurort.
Unser Ziel ist die Villa Gutenbrunn, welches durch einen privaten Durchgang direkt mit dem Wellnessbad Gutenbrunn und den Römischen Thermen mit diversen Saunen und Dampfbädern verbunden ist. Die Villa wirkt eher wie ein Schloss, das Entrée sowie die Rezeption wirken sehr nobel! Das historische Gebäude war einst sogar der Wohnsitz von Beethoven!
Wir wurden vermutlich «upgegradet» und erhalten das grösste Zimmer des ganzen Hotels! Die Suite verfügt über eine gemütliche Lounge und einem stylischen Rundbalkon, ein Teddybär liegt im Bett und lädt zum Knuddeln ein.
Wir schnappen uns die Bademäntel und vergnügen uns im Wellnessbad. Es verfügt über zwei Innenbäder und einem wärmeren Aussenbad mit Massageduschen und Blubber-Spass. Völlig durchweicht ziehen wir uns nach dem Baden in unser Zimmer zurück, wo wir auf dem Balkon unser Abendessen geniessen.
Durch die Burgenregion um Eisenstadt gelangen wir an den Neusiedler See. In Neusiedl am See schlendern wir durch den Wochenmarkt. Ausser Socken, Socken und nochmals Socken gibt es da nicht viel Gescheites zu kaufen. Aber in einer asiatischen Boutique beginnen Moni’s Augen zu leuchten, sie hat sich in eine liegende Ganesha-Statue aus Stein verliebt.
Mit etwas mehr Gewicht im Gepäck geht es weiter in Richtung der ungarischen Grenze. Anhand der riesigen Windkraftanlagen mit unzähligen, hohen Windrädern gehen wir davon aus, dass es sich hier um eine luftige Gegend handelt.
Unser Ziel ist die ungarische Stadt Mosonmagyaróvár, etwa eine viertel Stunde von der Grenze entfernt. Ein kleines Hotel am Fluss dient uns als Unterkunft für die nächsten drei Nächte.
Nach einem längeren Fussmarsch dem Fluss entlang erreichen wir die kleine Altstadt. Man spricht Deutsch und nebst der heimischen Währung Forint wird auch der Euro als Zahlungsmittel akzeptiert.
Da der Wetterfrosch korrekterweise für heute Regen vorausgesagt hat, fahren wir in die nahe Slowakei. Kurz vor Bratislava besuchen wir das Danubiana Meulenstein Art Museum.
Es befindet sich auf einer Insel auf der Donau und ist innen wie aussen sehr modern eingerichtet. Die Kunstausstellung mit ihren Fresken, Gemälden und Skulpturen gefällt uns ausserordentlich gut!
Maler wie Walasse Ting (ein älterer Lüstling?), Michael Rittstein (hervorragend verwirrende Tiergemälde) oder Peter Uchnar (hat schon etliche Märchenbücher-Cover gezeichnet) konnten sich hier verwirklichen. Auch das Café ist sehr stylisch und lädt zum Verweilen ein.
Zurück in Ungarn besuchen wir die Stadt Györ (Raab). Es regnet in Strömen, so dass wir uns mit Regenschutz und Schirm bewaffnen, bevor wir die Stadt erkundigen. Györ ist eine der wichtigsten Industriestandorte des Landes (z.B. Märklin).
Auch touristisch hat die Stadt einiges zu bieten wie eine Basilika, üppige Parkanlagen, das Rathaus, die Fussgängermeile und eine intakte Altstadt. Der kalte Regen vermiest uns jedoch den Charme der Stadt.
Bratislava, Pressburg (DE) oder Pzsony (U) wird die Hauptstadt der Slowakei genannt. Wir fahren über die UFO-Brücke mit dem Namen «Most SNP» in die Stadt hinein bis zum grossen Einkaufszentrum Eurovea, wo wir unser Auto parkieren. Unzählige Donauschiffe halten an den verschiedenen Bootsanliegestellen an und laden Massen an Touristen (meist ältere Generationen) aus.
Wir nehmen an einer Free Walking Tour teil, sie dauert fast drei Stunden und unser Guide heisst Marek. Auf dem Rundgang kommen wir an verschiedenen Statuen vorbei. Die wohl berühmteste ist der Mann, welcher aus dem Kanalgulli guckt. Marek meint, es gäbe dazu zwei Theorien: entweder gucke der Mann unter die kurzen Röcke der vorbeigehenden Frauen oder er warte mit verschränkten Armen auf sein Schichtende.
Die Bratislaver Burg sehen wir nur von weitem, für den Besuch müsste man sicher noch einen Tag anhängen. In der Kathedrale St. Martin wurden früher die Könige gekrönt. Hier steht auch das Judendenkmal, ein Mahnmal einer düsteren Zeit im 2. Weltkrieg, wo die Slowakei an deutscher Seite (mehr oder weniger freiwillig) über 70’000 Juden in die KZ auslieferten.
Nächster Stopp ist das Michaelertor, dem einzigen noch erhaltenen Tor der Stadtbefestigung aus dem 14. Jahrhundert. Vorbei am alten Rathaus besichtigen wir die «Blaue Kirche» im Gaudistil. Die Kirche ist ein sehr beliebter Ort für Hochzeiten und Taufen, die Wartezeit dauert bis zu drei Jahren!
Marek erzählt einiges über die Geschichte des jungen Landes, dem Hin- und Herschieben zwischen den Ländern wie Ungarn / Österreich und Tschechien und der schlimmen Zeit des Kommunismus mit der Zensur und der sowjetischen Besatzungsmacht. Seit 1993 ist die Slowakei ein selbständiger Staat.
Auch über Traditionen wird gesprochen. An Weihnachten kommt ein grosser Karpfen auf den Tisch. Der wird vorher einige Tage lebendig im Badezimmer gehalten, wo sich die Kinder mit dem Fisch anfreunden und die Eltern danach den Kids Lügenmärchen über den Verbleib des geliebten «Haustieres» erzählen müssen.
Jeweils am Ostermontag versammeln sich die Männer, um gemeinsam los zu ziehen und Frauen mit Wasser zu übergiessen. Das Bespritzen mit Wasser soll die Gesundheit und die Schönheit der betroffenen Frauen im kommenden Jahr erhalten.
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