Blog House & Pet Sitting in Hemingbrough
Die Hausherren Luisa und Chris verlassen uns bereits am nächsten Morgen. Sie fahren mit ihrem Wohnmobil nach Vincenza (I) um ihre Verwandtschaft zu besuchen und planen von dort aus einen Abstecher nach Kroatien.
Wir nehmen uns viel Zeit, uns mit den Haustieren anzufreunden. Unser Liebling ist Kater Sox, welcher nach einigen Tagen seine Scheuheit überwindet und uns zu täglichen Streicheleinheiten auffordert. Er ist der King des Hauses und geniesst die Abwesenheit des Haushundes in vollen Zügen.
Mit dem anderen Kater Tigger werden wir nie ganz warm, er ist scheu wie ein Reh und wir sehen ihn meistens nur kurz am Futternapf oder wenn er spät in der Nacht auf dem Gästebett schläft, ihn anzufassen ist aber unmöglich.
In einem grossen Gehege warten die beiden süssen Hasen Domino und Honey, welche dankbar unsere Karotten und sonstige Gemüseresten entgegennehmen.
Am meisten Arbeit bereiten uns die fünf älteren Hennen, welche unsere Mühe mit im Schnitt einem Ei pro Tag belohnen. Unglaublich, was die ungeduldigen Viecher täglich an Ware «hinten rauslassen», es sind aber auch richtige Fressmaschinen!
Das Aquarium mit den tropischen Fischen ist ein Hingucker, täglich gibt es eine Raubtierfütterung. Wenn es darum geht die besten Happen abzukriegen, gehen die grossen Fische gar nicht zimperlich mit ihren kleineren Artgenossen um.
Unser Tisch ist reichlich gedeckt, der grosse Gemüsegarten und die beiden Treibhäuser versorgen uns mit verschiedensten Leckereien. Vor allem die kleinen Cherrytomaten schmecken einfach köstlich! Dazu gibt der riesige Garten einiges an Kräutern und Früchten her, so pflücken wir verschiedenste Apfelsorten, Birnen, Pflaumen, Brom- und Himbeeren.
Das Haus ist für englische Verhältnisse sehr modern ausgestattet, es verfügt über eine Erdwärmesonde mit Bodenheizung und Solarpanels auf dem Dach. Die WC-Spülung kann sogar mit der Regenwasseraufbereitung bedient werden. Wir halten uns meistens im grosszügigen Wintergarten auf, wo wir gemütlich im Sofa unsere englisch geschriebenen Krimibücher verschlingen.
Das Wetter während unserem Aufenthalt ist sehr wechselhaft, nach einer sonnig warmen Woche folgen windige, kältere Tage. Sonne, Regen und Wolken wechseln sich manchmal im Halbstundentakt ab. Gegen Abend öffnet sich die Wolkendecke und wir geniessen die kitschig schönen Sonnenuntergänge.
In unserem kleinen Dorf Hemingbrough gibt es abgesehen von der imposanten Kirche aus dem 12. Jahrhundert nicht viel zu sehen. Der Dorfladen und die Bäckerei befinden sich gleich um die Ecke und zwei Pubs buhlen um die Gunst der meist einheimischen Gäste.
Nur unweit von Hemingbrough befand sich ein Erdkohle-Vorkommen, welches im grossen Stil abgebaut und im riesigen Kohlekraftwerk verarbeitet wurde. Das Kraftwerk mit seinen vielen Schloten, aus denen weisser Rauch qualmt, ist wahrlich kein Hingucker! Zum Glück wird hier seit einigen Jahren nur noch Holzschnitzel verbrannt.
Die nächste Stadt Selby ist sechs Kilometer entfernt, ideal für unsere Grosseinkäufe im Supermarkt. Auch sportlich mit den Bikes gelangen wir übers Feld der «Ouse» entlang bis ins Zentrum der Stadt. Wir bestaunen die alte Kathedrale, in welcher sich auch ein Souvenir-Shop und ein Café befindet. Beim Erkundigen der Stadt fällt auf, dass in Selby unzählige Immobilienmakler leerstehende Häuser anbieten.
Unsere Lieblingsstadt York erreichen wir nach einer halbstündigen Autofahrt. York wird auch die «ewige Stadt» genannt und ist berühmt für die historischen Gebäude wie der gotischen Kathedrale York Minster oder dem Belfried Clifford’s Tower. Die Stadt ist von mittelalterlichen Mauerbauten umringt, auf denen man spazieren kann. Schon zur Römerzeit spielte sie als Hauptstadt von Nordbritanniens eine bedeutende Rolle.
Wir besuchen den Museumsgarten mit den Ruinen der St. Mary’s Abbey, danach drängen uns die Regentropfen ins York Museum. Hier geht es um die Geschichte der Stadt von der Zeit der Dinosaurier über die Römer bis zu der kleinen aber feinen Wikinger-Ausstellung. Auf grossen Infotafeln wird erzählt, wie die Wikinger in England und hier in York gewütet und gelebt haben.
Die engen Altstadt-Gassen der «Shambles» begeistern durch die mittelalterliche Architektur und die lässigen Shops. Vor dem Eingang des Harry Potter Souvenir-Shops steht geduldig eine Menschentraube in der langen Warteschlange, als ob der Zauberlehrling gerade eine Vorführung gibt.
Die hochgepriesenen Fisch’n’Chips des Duke’s Restaurants vermögen unsere verwöhnten Gaumen nicht zu befriedigen. Der Fisch ist akzeptabel, die Pommes… naja, reden wir nicht drüber. Da gönnen wir uns lieber einen leckeren Tapas-Apero in der Spanischen Weinbar!
Natürlich haben wir in Norden von England auch einige Ausflüge gemacht:
Im Landgut von Burton Constable findet die jährliche Classic Car Show statt. Viele englische Oldtimer von Morgan, MG, Lotus, Mini oder Jaguar finden sich an diesem windig kühlen Tag vor dem Herrschaftshaus mit den mittelalterlichen Pferdestallungen ein.
Stefan kann sich ab den tollen Schlitten kaum satt sehen und auch die Kamera wird rege benutzt. Wir versuchen uns in der Kunst des Bogenschiessens, hat ein bisschen was von Robin Hood-Feeling!
Knaresborough ist bekannt dank seiner alten Eisenbahnbrücke, der Burgruine und dem Wochenmarkt in der Altstadt. Wir schlendern zum Fluss hinunter und geniessen am Ufer einen wärmenden Cappuccino.
Der Coldstone Cut ist ein Kunstwerk aus Steinen und Felsen, auf einem Hügel erbaut. Von oben hat man eine gute Aussicht auf eine riesige Kalkstein-Grube, wo das begehrte Gestein abgebaut wird, leider windet es hier stark.
Das Wunder von Nidderdale, so werden die Brimham Rocks auch genannt. Über 320 Mio. Jahre mit von Wind, Regen und Eis rodierte Felslandschaft erwartet die zahlreichen Wanderer und Kletterer. Wir kraxeln über bizarre Felsformationen mit Fantasienamen wie Sandwich, tanzender Bär, Adler, Druiden- Schreibtisch oder Burg-Felsen und sind begeistert von dieser rauen Felsenlandschaft!
In Scarborough empfiehlt sich der Besuch der Burg aus dem 12. Jahrhundert. Seit der Belagerung im englischen Bürgerkrieges liegt die Burg zwar in Ruinen, trotzdem geniessen wir von den Wehrgängen aus den tollen Ausblick auf die Stadt und die umliegenden Klippen.
Robin Hood Bay nennt sich ein kleiner Fischerort an der Nordseeküste. Obwohl eine inhaltliche Verbindung zur Figur des Robin Hood nicht belegbar ist, erlangte der Ort dadurch eine starke touristische Bedeutung. Wir schlendern durch die Gassen mit den alten Fischerhäuschen, welche inzwischen zu schicken Boutiquen und Souvenirshops umgebaut wurden. Uns fällt auf, dass praktisch alle Engländer einen Hund besitzen, man fühlt sich ohne einen Vierbeiner richtig komisch!
Die Kleinstadt Whitby ist ein bedeutender historischer Küstenort. Whitby war Ausbildungsstätte von James Cook, einem von Grossbritanniens bedeutendsten Seefahrern. Zudem diente die Stadt als Inspiration für Bram Stoker’s Meisterwerk «Dracula».
Die markanten Ruinen der Whitby Abtei faszinieren wohl jeden Besucher, wahrlich ein imposanter Fotospot! Von der St. Mary’s Church mit dem alten Friedhof geht es die 199 Stufen hinunter ins Hafenviertel mit seinen charaktervollen, alten Gebäuden. Auffallend sind die vielen Schmuckhändler sowie die typischen Eisdielen an jeder Ecke. Die Engländer lieben ihr Eis auch bei kühleren Temperaturen!
Über die hundertjährige Drehbrücke geht es auf die andere Fluss-Seite der Altstadt, wo wir dem Hafen entlang Richtung Leuchtturm flanieren.
Der Rückweg führt über den Nationalpark «North York Moors», einer Hochebene mit harschem Klima. Seit Jahrhunderten ist der Park von der Schafzucht geprägt. Wir durchqueren weite Heidekrautlandschaften, die an den Hängen in grüne Farnflächen übergehen.
Der Yorkshire Skulpturen Park ist ein 1977 von Peter Murray gegründeter Skulpturengarten in West Bretton. In der grosszügigen Parkanlage mit einem See in der Mitte sind Dauer- und Wechselausstellungen von mindestens 40 Skulpturen international bekannter Künstler wie z.B. Ai Weiwei oder Barry Flannagan zu bestaunen.
Obwohl wir nicht alle gesehenen Kunstwerke entsprechend zu würdigen wissen, gefallen uns doch einige Ausstellungsstücke ausserordentlich gut.
Nachdem wir die mächtigen Eingangstore des Howard Castle durchfahren haben, erreichen wir kurz darauf Helmsley, ein kleines Mittelalterdörfchen mit Burgruine. Im Ort sind Spuren einer 5’000-jährigen Besiedlungsgeschichte nachweisbar! Helmsley ist ein typisches Touristendorf und weist dementsprechend eine hohe Dichte an schicken Boutiquen und lauschigen Cafés auf.
In Rievaulx gibt es die Ruinen der Abtei aus dem 12. Jahrhundert zu bestaunen. An Spitzenzeiten wohnten hier 650 Mönche.
Eine dreistündige Rundwanderung führt uns durch den Nationalpark dem Bridle-Pfad entlang. Bei schönstem Herbstwetter begegnen uns unzählige Moorhühner, welche mit viel Geschrei vor uns davonflattern. Auch Fasane, Eichhörnchen und Hasen kreuzen unseren Weg.
Ein Teil des Pfades führt uns über einen matschigen und rutschigen Sumpfweg. Auch dichte Brennessel-Sträucher gestalten unser Weiterkommen abenteuerlich. Stefan’s neugekaufte Trekking-Schuhe werden bereits am ersten Tag auf Herz und Nieren geprüft.
Eine Stunde östlich von uns befindet sich die Stadt Beverley. Wir flanieren der Geschäftsmeile der Altstadt entlang und besuchen die mächtige Kathedrale.
Auf dem Beverley Racecourse werden schon seit dem Jahre 1690 Pferderennen durchgeführt. Die erste Haupttribüne der Anlage wurde 1767 errichtet. Es ist Stefan’s erster Besuch eines Pferderennens, was wird wohl hier gleich abgehen?
Zuerst werden die Rennpferde in einer Koppel vorgeführt, danach geben sich die schmächtigen Jockeys die Ehre. Sekunden vor dem Schuss werden die Pferde in die Startposition gebracht. Ein Knall und acht Rösser preschen über die Rennbahn. Unter lautem Johlen und Anfeuern stürzen sie auf die Zielgerade zu. Das Rennen selbst ist ein kurzes aber intensives Vergnügen.
Die Wettquoten sind an hohen digitalen Säulen angeschrieben. Beim sogenannten «Bookmaker» werden die Wetten angenommen und für die Wetteinsätze wird eine entsprechende Quittung ausgedruckt. Wir setzen vornehmlich auf Aussenseiter, da diese bei einem Sieg entsprechend höhere Gewinne abwerfen.
Beim zweiten Rennen setzt Moni auf den richtigen Sieger und wir können immerhin unseren bescheidenen Einsatz verdoppeln, so macht das Spass!
Dem Klischee entsprechend finden wir doch einige wenige Damen, welche das Spektakel ganz vornehm mit kunstvollen Hüten verfolgen.
Tja, unser House’n’Pet-Sitting geht leider dem Ende zu und wir verabschieden uns herzlich von Luisa und Chris. Vielen lieben Dank, wir werden diesen tollen Aufenthalt im Norden von England für immer in unseren Erinnerungen tragen!
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