Blog Südafrika / Kapstadt und die Weinregion / 11.02. – 22.02.2019
Der Anflug auf Kapstadt ist beeindruckend: über das Gebirge hinweg gleiten wir vorbei an grossflächigen Weingütern, danach folgen eingezäunte, schmucke Villenviertel und kurz vor der Landung kilometerlange, hässliche Townships.
Bei der Vermietstation holen wir unser Gefährt ab, einen weissen Renault Kwat. Das Auto, wenn dieses «Chrutzli» den Namen überhaupt verdient hat, ist eine fahrende Blechbüchse! Die Gangschaltung ist eine Katastrophe, eine Schnecke hat vermutlich mehr Beschleunigungskraft, die winzigen Pneus verlieren Luft und der Wagen wird bei stärkeren Windböen fast von der Fahrbahn gefegt. Anmerkung fürs Protokoll: bitte nie wieder die billigste Autokategorie mieten.
Vor der Wegfahrt bittet uns ein junger Mann um 18 Rand (CHF 1.50). Er brauche das Geld dringend, um seinen Mietwagen auszulösen. Stefan hat nur eine 50er Note und drückt sie ihm in die Hand. Er verspricht, das Wechselgeld sofort zu bringen. Ihr ahnt es, Stefan wurde soeben verarscht, willkommen in Kapstadt?
Unsere Bleibe für die nächsten Tage ist die gemütliche Gästewohnung im Garten einer Villa mit Poolanlage in Sommerset. Mit den beiden Haushunden Bruno und Amber freunden wir uns innert kurzer Zeit an.
Die letztjährige, extreme Wasserknappheit hat sich glücklicherweise etwas entschärft. Wir werden jedoch gebeten, Wasser zu sparen und dieses als kostbares Gut anzusehen. Gespült werden die Toiletten nur bei grossem Geschäft und während dem Duschen werden Eimer gefüllt, die dann als Toilettenspülung genutzt werden.
Auch mit der Elektrizität steht es nicht zum Besten. In der Stadt sind gleich fünf grosse Generatoren ausgestiegen, somit verfügen die einzelnen Stadtteile nur stundenweise über Strom. Auf der Strasse führt das zu chaotischen Zuständen, da die Ampeln nicht funktionieren. Zum Glück verfügt unser Heim über eine Solaranlage.
Wir besuchen das nächstgelegene Weingut mit dem holländischen Namen «Vergelegen». Die ältesten Weinreben sind dreissig Jahre alt, jährlich produziert Vergelegen zwischen 700-800’000 Flaschen und ist berühmt für seine weltweit prämierten Rotweine.
Der Weinkeller liegt idyllisch in den Hügeln von Somerset. Die Weinlese ist in vollem Gange, täglich arbeiten 100 Pflücker in den Weinreben. Im grossen Weinkeller keltern die kostbaren Tropfen in 300 Holzfässern.
Die anschliessende Weindegustation vermag uns nicht zu begeistern, der Flagship-Wein kostet um die CHF 40.00, soviel würden wir für diesen Rotwein nie ausgeben.
Dafür erfreuen wir uns ab der riesigen Gartenanlage, 17 Themengärten und uralte Bäume laden zum Spaziergang ein. Nebst dem ältesten Eichenbaum von ganz Südafrika stehen hier auch drei seltene Kampferlorbeer-Bäume.
Die gut ausgestattete Bibliothek und das informative Museum mit der erschreckenden Geschichte über die Sklaverei auf diesem Gut sind ebenfalls einen Besuch wert.
Der Besuch des Tafelberges mit der Seilbahn gehört wohl zu den Hauptsehenswürdigkeiten des Kaps. Leider stauen sich die Autos schon den ganzen Anfahrtshügel hoch. Parkplätze sind Mangelware, als wir dann noch die Menschenschlange vor der Gondelbahn sehen, machen wir rechts und kehrt.
Wir beschliessen, stattdessen auf den Signal Hill zu fahren. Hier hat es genügend Platz und die Aussicht auf den Tafelberg und Downtown Kapstadt ist auch nicht zu verachten. Im Hintergrund kann man die berüchtigte Gefängnisinsel Robben Island erkennen.
Die Victoria & Albert Waterfront Malls direkt am Meer sind ein Touristenmagnet. Nebst Shopping reihen sich hier auch unzählige Restaurants, ideal um frische Meeresfrüchte zu verspeisen.
Auf dem Heimweg geraten wir in die tägliche Rush-Hour, es herrscht zähflüssiger Verkehr aus der Stadt hinaus. Die Kleinbus-Fahrer von Kapstadt kurven in halsbrecherischer Weise im Slalom über alle drei Fahrspuren. Blinken ist nur etwas für Pussys!
Wer gerne Blumen- und Parkanlagen besucht, sollte unbedingt einen Abstecher zum botanischen Garten von Kirstenbosch machen.
Die weitläufigen Gärten am Hügel gleich hinter dem Tafelberg sind absolut sehenswert, auch wenn die als Nationalblume verehrten Proteas hier leider schon verblüht sind.
Wir schlendern unter alten Baumalleen hindurch, betreten die wacklige Canopy-Brücke hoch über den Baumkronen, staunen ab den verschiedenen Vogelarten, riechen uns durch den Gewürzweg, besichtigen die tolle Bildergalerie und erfreuen uns ab den Steinstatuen.
Haben wir schon erwähnt, dass der Verkehr in und um Kapstadt jeden Tag praktisch kollabiert? Oder dass todesmutige Fussgänger die Autobahnen queren, um zu ihren Townships zu gelangen?
Ein leckeres Abendessen auf der Terrasse mit Sicht auf die Bucht rundet den Abend ab. Dazu kredenzen wir eine Flasche Rotwein, welche wir aufgrund einer Verwechslung gekauft haben. Der vollmundige Name «The Chocolate Block», ein Blend aus dem Hause Boekenhoutskloof, wird einstimmig zu unserem Favoriten aller südafrikanischen Weine gewählt!
Vorbei an diversen, ärmlichen Townships geht’s den mondänen Strandorten der Ostküste entlang in Richtung Kap der guten Hoffnung. Es ist schon beängstigend, wie gross die Kluft in Südafrika zwischen bitterer Armut und Reichtum ist.
Aus der Ferne sehen wir das Kap, umhüllt von einer Nebelwolke, nur der Leuchtturm hoch oben ist noch wolkenfrei.
Natürlich darf das fast schon obligatorische Foto vom Schild «Cape of good Hope» nicht fehlen.
Die tosende Brandung im dicken Nebel fühlt sich gefährlich an. Man kann sich gut vorstellen, dass hier schon viele Schiffe auf Grund gelaufen sind.
Wo früher Klippschliefer und unzählige, freche Affen für Stimmung gesorgt haben, fährt jetzt eine Bahn den Hügel hoch. Zu Fuss geht’s hoch zum Leuchtturm und die Sicht auf den südlichsten Punkt von Afrika wird immer besser.
Kurz vor Simons Town sollte man die im Boulder Beach Nationalpark angesiedelte Pinguinkolonie besuchen. Eine ganze Kolonie von Afrikanischen Pinguinen (auch Jackass Pinguine genannt) wohnt und nistet hier.
Wir können uns kaum satt sehen ab diesen putzigen Tieren, wie sie tollpatschig über den Strand watscheln, laute Brunftschreie von sich geben oder sich gegenseitig anschnauzen.
Unbedingt sollte man noch einen Abstecher zum Boulder Beach machen, hier kann man baden und mit etwas Glück flitzen Pinguine unter Wasser vorbei.
Den Abend verbringen wir an der hauseigenen Bar im Chariton B&B. Der Zutritt dieser stylischen Bar ist exklusiv für Gäste und wir staunen ab den unzähligen Flaschen. Hier werden praktisch alle Wünsche erfüllt!
Es gilt Selbstbedienung und sämtliche Flaschen sind mit Preisschild angeschrieben. Die teuerste Flasche mit exklusivem Whisky kostet das Glas schlappe CHF 8.00. Wir testen uns quer durch die Bar, Ines und Thomas aus Deutschland leisten uns Gesellschaft, ein lustiger und redseliger Abend.
Einen Abstecher nach Kalk Bay können wir sehr empfehlen, das kleine Städtchen lockt mit seinen Kunstgalerien und Antiquitätenshops, lauschigen Cafés und kultigen Bars.
Über die mautpflichtige Strasse gelangt man über den Chapmans Peak, der kurvige Weg schlängelt sich der imposanten Steilküste entlang. Die Bucht von Houtbay liegt leider im dichten Nebel versteckt.
Der Bloubergstrand im Westen von Kapstadt ist ein Paradies für Kitesurfer. Dank des konstant herrschenden Windes vom Ozean her kann man am kilometerlangen Sandstrand hunderte Wassersportler beim Surfen beobachten.
Im Pick’n’Pay tätigen wir unsere Einkäufe. Wir lassen unseren schweren Einkaufkorb zusammen mit einer Wasserflache stehen, um im hinteren Teil des Supermarktes etwas zu suchen. Als wir unseren Korb abholen wollen, ist dieser verschwunden. Auf unsere Nachfrage wird uns mitgeteilt, dass die fleissigen Mitarbeiter unsere Einkäufe bereits wieder zurück ins Regal füllen. Also, das Ganze nochmals von vorne.
Der abendliche Sonnenuntergang am Strand mit Aussicht auf Kapstadt und den Tafelberg hat etwas Magisches. Ein Pullover ist jedoch von Vorteil, da es windig und kalt werden kann.
In Richtung Paarl liegt die kapholländische Farm von Babylonstoren. Das Gut besteht seit 1692 und ist von einem Obst- und Gemüsegarten umgeben, welchen man unbedingt besuchen sollte.
Wir schlendern durch die liebevoll gestaltete Gartenanlage und staunen ab den üppigen Beeren-, Früchte- und Gemüsebeeten.
Zusätzlich werden hier auch Weine produziert. Das Weintasting wird mit einer leckeren Fischplatte verfeinert. Der Chenin Blanc und der Viognier schmecken uns hervorragend.
Stefan hat vergessen, das Scheinwerferlicht beim Auto auszuschalten. Natürlich verfügt unser Superauto auch über keinerlei Warnhinweise. Die Batterie ist leer und anstossen funktioniert auch nicht. Wir fragen sämtliche Passanten auf dem Parkplatz, aber kein Mietwagen verfügt über ein Starterkabel. Ein Angestellter kann dann glücklicherweise ein Kabel organisieren.
Auf einem Hügel vor Paarl kann man das Afrikaans Language Monument besuchen, welches der Entstehung dieser völkerverbindenden Sprache gewidmet ist. Vom riesigen Betonblock-Monument aus geniessen wir eine tolle Aussicht auf die umliegenden Berge und die Weingebiete.
Als nächstes Weingut haben wir Glen Carlou ausgewählt, hier können wir aus dem Sortiment je fünf Weine aussuchen. Die Degustation ist gratis, eine nette Überraschung! Naja, ausser dem Cabernet Sauvignon wissen diese Weine nicht wirklich zu überzeugen.
Auch die kleine Kunstgalerie auf dem Weingut wirft mehr Fragezeichen auf, als dass sie uns mit ihren komischen Installationen begeistern.
Wir übernachten in Franschhoek, dem wohl hübschesten Weindorf der ganzen Kapregion.
Ein gewaltiges Buschfeuer verdunkelt den Himmel, Ascheregen fällt und das Atmen fällt schwer. Die Passstrasse musste geschlossen werden. Über 200 Feuerwehrleute und 5 Helikopter versuchen die nächsten Tage vergeblich, den Flächenbrand unter Kontrolle zu kriegen.
Am nächsten Morgen entern wir das Franschhoek Wine Tram. Mit Bussen und Trams können insgesamt sieben Weingüter besucht werden. Das System funktioniert nach dem «Hopp on Hopp off» Prinzip.
Bei den ersten beiden Weingütern gibt es nur Schaumweine MCC «Methode Cape Classique» zu kaufen. Im Le Lude, einem im französischen Bistrostil gehaltenen Degustier-Raum, bestellen wir eine leckere Käseplatte. Ein kleiner Verdauungsspaziergang zum wohlriechenden Rosengarten ist zu empfehlen.
Im Franschhoek Wine Cellar gibt’s Wine + Chocolate Tasting, unser Fazit: mit Weisswein kommt das nicht gut, Rotwein mit belgischer Schokolade passt da schon besser.
Weiter geht’s mit dem Tram zum Leopard Leaf, wo ein weiteres Tasting stattfindet. Stefan verliebt sich in den Süsswein.
Im Garten von Moreson stärken wir uns mit einer Fleischplatte für die nächsten Degustationen. Wir nutzen die verbleibende Zeit und schaffen alle sieben Weingüter… hicks!
Erschreckend ist für uns die Erkenntnis, dass die Feldarbeiter in dieser Weinregion ungefähr 7 CHF pro Tag verdienen. Sie wohnen in einem hässlichen Township und die Chancen, da je rauszukommen, sind gering.
Unsere letzte Destination ist die Wein- und Studentenstadt Stellenbosch, über 30’000 Studenten in 150 Fachbereichen sind an der Universität eingeschrieben. In der Church Street gibt es unzählige Kunstgalerien und Souvenir-Shops zu erkundigen.
Bei der Agentur Afrivista haben wir uns für eine Weintour angemeldet. «Jap», unser Fahrer und Guide, holt uns mit dem Minibus ab. Sein Wissen über die Geschichte des südafrikanischen Weins, die Reben und die Weingüter ist bemerkenswert! Leider stinkt der ganze Bus nach seinem Schweiss, igitt!
Lancerac ist ein ehrwürdiges Weingut mit einer gediegener Hotelanlage. Das Gut ist berühmt für den ersten Pinotage-Wein der Welt, diese Trauben-Kreuzung wurde hier erfunden. Nebst der Degustation besuchen wir auch die Vergärungsanlage und den Wein-Keller.
Die Weinverköstigung vom Produzenten Thelema vermag uns nicht zu begeistern, schade! Dafür schmecken uns die verschiedenen Weintrauben-Sorten, welche wir dank der aktuellen Lesezeit essen können.
Muratie gilt als eines der ältesten Weingüter von Südafrika, davon zeugen auch knorrige Bäume und geschichtsträchtige Häuser. Als Abschluss der Weinverkostung sollte man unbedingt noch den Portwein probieren.
Das letzte Weingut Glenelly’s ist im Besitz einer 94jährigen Dame. Sie stellt im dazugehörigen Museum ihre luxuriöse Gläsersammlung aus.
Unser Tagesfazit: die degustierten Weine waren OK, insgesamt haben wir uns aber mehr erhofft.
Der botanische Garten von Stellenbosch ist zwar nicht riesig, die wunderschön angelegten Teiche mit blühenden Wasserlilien und die beachtliche Bonsaisammlung sind sicher sehenswert.
In der Fairview Winery gönnen wir uns eine letzte Käse- und Weindegustation. Die Weine sind eher einfach, mit den speziellen Käsesorten ergibt sich aber eine interessante Mischung.
Mit einem saftigen Stück Kudu-Steak verabschieden wir uns von Südafrika, goodbye! Am nächsten Morgen früh verlassen wir die Kapregion und fliegen auf die Insel Mauritius.
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