Reiseblog Nicaragua / 16.01. – 25.01.2018
Wir verlassen El Salvador über die Meeresenge des Golfo de Fonseca, so können wir uns die mühsame Durchfahrt über Honduras ersparen. Unser Gepäck wird unter einer Plane zugedeckt und los geht’s. Da es windet, werden wir ein wenig nass, ansonsten geniessen wir die Überfahrt durch die kleinen Vulkaninseln.
Im kleinen Grenzort Potosi angekommen, werden wir am Strand ausgeladen. Mit nassen Füssen und dem geschulterten Gepäck landen wir in Nicaragua, so abenteuerlich sind wir noch nie in ein neues Land eingereist!
Auf dem Pier wird unser Gepäck von einem Zollbeamten durchgewühlt, danach werden wir gefühlte 20m weit zu einer Baracke gefahren, wo wir dann die Einreisegebühr von je 12 USD abdrücken «dürfen», damit wir unser Visum erhalten.
Mit dem Bus kurven wir über eine staubige Stein- und Sandpiste, bevor wir die geteerte Strasse ins 130km entfernte Leon erreichen. Die Einwohner dieser Gegend leben von der Landwirtschaft und Viehzucht, ihre Unterkünfte sehen sehr ärmlich aus, statt Autos oder Traktoren werden vielerorts Pferde oder Ochsen vor die einfachen Holzwagen gespannt.
Wir belächeln die ältere Frau (aus Argentinien) vor uns im Bus. Sie knipst ein Foto nach dem anderen von der Umgebung, der Strasse und sämtlichen Schildern, an denen wir vorbeirauschen. Sie realisiert wohl nicht, dass jedes ihrer unzähligen Fotos verwackelt ist.
Nach 11 Stunden erreichen wir endlich Leon und wären froh um ein bequemes Bett und etwas Ruhe. Im Zimmer angekommen wird uns schmerzlich bewusst, dass die Wände wohl so dünn wie Papier sein müssen. Wir lassen die ganze Nacht die laute Klimaanlage rattern, damit wir das Gerede, Geschnarche und Gehuste von nebenan nicht hören müssen!
Stefan verspürt heute Lust auf Abenteuer. Er hat sich angemeldet für einen besonderen Nervenkitzel, welcher nur hier in Leon angeboten wird. Vor lauter Aufregung vergisst er sogar, den Fotoapparat mitzunehmen.
Zusammen mit den kessen US-Girls Miranda und Leah wird er auf der Pritsche eines Jeeps kräftig durchgerüttelt, bis wir den Fuss des Vulkans Cerro Negro erreichen.
Der 728m hohe, aktive Vulkan sei der einzige der Welt, auf dem man mit einem Sandboard hinunterflitzen kann! Ca. 45 Minuten mit dem Board auf dem Rücken kraxeln wir steil den Krater hoch.
Oben angekommen windet es stark, die Aussicht ist jedoch genial! Unser Guide schaufelt etwas Erde beiseite und wir können mit der Hand fühlen, wie heiss die Erde hier ist! 1999 ist der Cerro Negro das letzte Mal ausgebrochen und hat die Stadt Leon mit seinem Ascheregen zugedeckt!
Nach einigen Erinnerungsfotos ziehen wir den Overall, sowie Handschuhe und die stark beschlagene Schweisserbrille über. Wenig später sausen wir wie auf einem Schlitten die bis zu 45 Grad steile und ca. 500m tiefe Vulkangesteinswand hinab!
Mit den Füssen können wir die Geschwindigkeit etwas regulieren. Unten angekommen haben wir einiges an Staub und kleinen Steinchen geschluckt, das Gesicht ist russig aber der Adrenalinkick lässt uns erstrahlen! Beim anschliessenden Pizzaessen erzählen wir von unseren Reise-Erlebnissen.
Am nächsten Tag schlendern wir durch die Gassen und schauen uns Leon an. Ausser ein paar Kirchen und der grossen Kathedrale mit dem Hauptplatz gibt es in der Stadt der Studenten und Künstler nicht viel zu sehen (oder wir sind einfach schon zu verwöhnt).
Wir haben gehört, dass sich ein Besuch des Daches der Kathedrale lohne, finden jedoch den Eingang nirgends. Wir folgen einem Pärchen, welches sich durchgefragt hat, um das ganze Gotteshaus, bis wir durch einen engen Gang ein Gitter erreichen. Hier können wir die Tickets kaufen, anschliessend werden wir zur gegenüberliegenden Ecke der Kathedrale geschickt. Jetzt müssen wir die Tickets vorzeigen, damit wir über die enge und steile Treppe aufs Dach gelangen. Oben angekommen müssen wir das Ticket nochmals vorweisen, weshalb wohl?
Als nächstes erhalten wir eine kurze Predigt, was hier alles verboten sei: Schuhe zu tragen, die Glocken zu schlagen (kostet 20 USD Busse, da gerät man doch schon fast in Versuchung!) oder auf die Kuppeln zu klettern.
Die Mischung aus den weissgetünchten Kuppeln der Kathedrale, dem blauen Himmel und den wie bestellten Wölkchen ergibt den perfekten Fotospot!
Das Gepäck wird auf dem Dach des Kleinbusses festgezurrt und wir fahren weiter bis nach Granada. Ausser dem kleinen Zwischenhalt am Flughafen sehen wir nur die heruntergekommenen Aussenbezirke der Hauptstadt Managua.
Unser gebuchtes Appartement sollten wir zu Fuss in den nächsten zwei Blocks erreichen. Eine Strassenbezeichnung sucht man in Nicaragua meist vergebens. So haben wir auch keine genaue Adresse, wissen aber, dass es ein grünes Haus sein soll, also machen wir uns auf die Suche. Die Ernüchterung folgt, jedes vierte Haus ist grün gestrichen. Mit Hilfe einiger freundlichen Helfer finden wir schlussendlich die Vista Mombacho Appartements eine Strasse weiter hinten.
Nachdem wir uns im Supermarkt mit Esswaren sowie im heimischen Markt mit Gemüse eingedeckt haben, kommt das kühle Bad im Aussenpool wie gerufen.
Die drittgrösste Stadt Granada wurde im kolonialistischen Stil erbaut und wird auch «la gran Sultana», die grosse (oder fette) Rosine genannt. Sie liegt am Fusse des 1344m hohen Vulkans Mombacho.
Die Altstadt ist gut erhalten und glänzt mit ihrer Kathedrale, eine der wichtigsten Kolonialbauten Zentralamerikas. Im Innern «glänzen» moderne Wandmalereien, die kitschigen Heiligenfiguren und das Modell eines Berges erinnern uns ein wenig an Disneyland in einer Kirche.
Ansonsten gefällt es uns in Granada sehr gut, die Strassen sind auch sauberer als in Leon. Runter geht’s die Calle de Calzada mit ihren Bars, Restaurants und geschäftstüchtigen Reisebüros bis wir zum See gelangen. Der Lago de Nicaragua scheint dreckigbraun, wir hoffen mal, dass das einen natürlichen Grund hat. Er ist mit 8157km2 Fläche der grösste Binnensee von Mittelamerika.
Auf die 16’00 treffen wir bei Tierra Tours ein, wo wir eine Tour auf den Vulkan Masaya gebucht haben. Mit einem grossen Bus fahren wir ca. eine Stunde bis zum geschlossenen Eingangstor des Nationalparks. Der 635m hohe Masaya gilt als der aktivste Vulkan von Nicaragua, die letzte grosse Eruption ist erst ein Jahr her.
Bis wir endlich in den Park eingelassen werden, müssen wir eine halbe Stunde an der Hauptstrasse ausharren. Nach einer kurzen Fahrt werden wir ein zweites Mal angehalten, hier «dürfen» wir nochmals eine halbe Stunde im Bus warten. Nun dürfen maximal 60 Touristen mit den Autos/Bussen hochfahren um für 15 Minuten Fotos knipsen und dem Teufel in den Schlund schauen. Die mühsame Prozedur diene allein zur Sicherheit der Besucher.
Zuerst sehen wir von den verschiedenen Aussichtsplattformen nur Rauch, dann leuchtet kurz das rote Magma aus dem Innern des Vulkanschlots durch. Weit unten öffnet sich die Erde und es brodelt! Alles in allem geniessen wir das kurze, aber intensive Erlebnis, die Fotos sind aber kaum zu gebrauchen.
Im präkolumbischen Zeitalter wurde der Masaya von den Urvölkern verehrt und seine Eruptionen wurden als Zeichen verärgerter Götter gesehen. Deswegen brachte die einheimische Bevölkerung ihm Menschenopfer dar, die häufig kleine Kinder oder Jungfrauen waren. Erst ein cleverer Kirchenvater konnte dies verhindern, indem er ein Kreuz an den Rand des Kraters aufstellte, um so den Teufel abzuwehren.
Stefan gönnt sich danach in der Altstadt noch eine entspannende Nacken- und Rückenmassage. Das Spezielle daran, die Masseure sind allesamt blind. Eine junge Frau mit vermutlich noch nicht viel Erfahrung knetet Stefan durch. Er meint dazu, es war eine komische Erfahrung.
Nach dem leckeren Wok-Abendessen auf einer luftigen Terrasse lassen wir den Abend in einer Bar mit Livemusik und Drinks ausklingen.
Empfehlen können wir auch das Cafe Sonrisa, es ist ein Restaurant in welchem taubstumme Menschen servieren. Die Speisen und Getränke werden anhand von Bildern mit den Fingern gezeigt und Daumen rauf bedeutet natürlich: verstanden!
Um Granada und seine Umgebung zu überblicken, klettert man am besten die schmale Steintreppe hoch zum Turm der La Merced Kirche. Vom Glockenturm der alten Barock-Kirche geniesst man eine super Aussicht aufs Stadtzentrum!
Etwa eine Stunde dauert die Fahrt bis nach San Jorge, der Buschauffeur fährt mal wieder wie ein Henker! Wir rauschen an grossen Bananenplantagen vorbei und erreichen den Fährhafen. Mit der gut gebuchten Fähre (einige sitzen am Boden) geht’s dann bei starkem Wind zur Insel Ometepe hinüber.
Die beiden Vulkane Conception und Maderas verbergen sich leider hinter grauen Wolken und es regnet zwischendurch, wahrlich kein schöner Anblick! In unserem Hostel Siero wird gerade gebaut. Naja, wenigstens haben wir das kleine Zimmer für einen günstigen Preis erhalten.
Das Wetter bessert sich und wir wandern vom Dorf Moyogalpa aus in Richtung Süden. Zu Fuss überqueren wir die Flughafenpiste, von hier hat man eine gute Aussicht auf den wolkenverhangenen Conception.
Unterwegs begegnen uns viele Vögel, darunter auch Papageien, bunte Raupen, Echsen und wir entdecken sogar eine Affenfamilie hoch in den Bäumen.
Eine weitere Überraschung ist der Balzflug der Schmetterlinge, den wir miterleben dürfen. Wir haben nicht gewusst, dass diese wunderschönen Tiere dabei laute Klickgeräusche von sich geben!
Unser Ziel ist der Strand von Punta Jesus Maria, wo sich eine kleine Landzunge hinaus auf den See zieht. Das Szenario bietet sich für tolle Landschaftsfotos geradezu an!
Nach zwei Nächten geht’s mit der Fähre wieder zurück aufs Festland, wo wir bereits von unserem Privatchauffeur erwartet werden. Der Restaurant-Besitzer Jean hat uns freundlicherweise diesen Transfer organisiert.
Eine halbe Stunde später erreichen wir den Badeort San Juan del Sur, wo wir im HC Blau Hostel unterkommen, welches gleich an der Strandpromenade liegt.
Während dem Spaziergang am Strand entlang beschenkt uns das windige Wetter einen Regenbogen. Bewaffnet mit einem kühlen Drink geniessen wir danach den Sonnenuntergang im Meer.
Schon früh am nächsten Morgen werden wir vom «Caribe Shuttle» abgeholt und an die Grenze zu Costa Rica geführt, von wo aus das Abenteuer Mittelamerika weitergeht.
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