Blog San Cristobal de las Casas – Palenque / 24.12. – 30.12.2018
Die kurze Carfahrt führt durch ein Waldgebiet hoch hinauf in die Berge bis auf 2’200m. Es ist bewölkt und für mexikanische Verhältnisse wohl eher kalt. Wir entscheiden uns, die ca. 800m bis zum Hotel «Ju» zu marschieren. Mit all unserem sperrigen Gepäck ist das keine gute Idee, da die Trottoirs eng gebaut sind und zudem viele Fussgänger den Weg versperren.
Frischer Wind bläst unangenehm durch die offenen Fensterritzen in unser kleines, ungemütliches Holzchalet. Wir fühlen uns in San Cristobal de las Casas wie in einem Höhenkurort in der Schweiz, nur leider fehlt die Heizung oder eine entsprechende Isolation der Häuser.
Beim ersten Rundgang durch die Altstadt sind wir erstaunt, wie viele Tapas-Restaurants es hier gibt, ob die spanischen Eroberer hier immer noch willkommen sind? Warm eingepackt bei einem Glas Wein und einer Platte mit Tapashäppchen lässt sich die Kälte sicher besser aushalten.
Heute ist Weihnachten und um Punkt 0.00 Uhr knallt ein Stakkato von Böllern, Raketen und Luftheulern durch die Nacht (sehr zur Freude der schlafenden Touristen und den geräuschempfindlichen Hunden). Die halbe Nacht gehört den Feuerwerkskörpern, deren zerfetzte Überreste am nächsten Tag überall herumliegen.
Das Fussgängerzentrum ist gut besucht und es herrscht den ganzen Tag durch einen Grossandrang von Touristen, welche die trendigen Bars und Restaurants besuchen.
Am Abend wird an einigen Standorten mittels Gebläse künstlicher Schnee erzeugt, welcher wohl eine wohlige Weihnachtsstimmung verbreiten soll.
Es fällt auf, dass praktisch alle Kirchen sowie ältere Kolonialgebäude eingeschalt und für das Publikum gesperrt wurden. Die tiefen Risse durch die Bauwerke sind Spuren des schweren Erdbebens dieses Jahres. Ob da wohl genügend Geld für eine entsprechende Renovation vorhanden ist?
Am Weihnachtsabend wählen wir ein Restaurant mit tollem Ambiente aus. Fusion Küche ist angesagt: der Muschelsuppensud serviert in einem geöffneten Brot schmeckt super, das Angusfilet wird leider nicht wie bestellt «medium» sondern eher «roh» serviert. Auf eine Reklamation hin entgegnet der unerfahrene Kellner, das Filet sei schon medium gebraten, naja wer’s glaubt.
Heute wollen wir unsere eingerosteten Körper bewegen, eine Wanderung steht auf dem Plan. Mit dem Taxi fahren wir aus der Stadt hinaus zum Parque de Arcotete. In diesem Park gibt es eine schöne Tropfstein-Höhle zu besuchen, mit Ziplines kann man anschliessend durch den Urwald und den Canyon sausen.
Der Zugang zur besagten Höhle ist steil und ganz schön eng, in der Grotte schwirren Fledermäuse umher. Von verschiedenen Plattformen aus geniessen wir den fantastischen Ausblick auf die umliegenden Canyonwände!
Gestärkt durch das mitgebrachte Picknick, starten wir mit unserer Wanderung. In einem Reiseblog haben wir gelesen, dass wir nur dem Fluss folgen müssen, um weiter unten aus dem Park und zur Hauptstrasse zu gelangen.
So folgen wir dem Flusslauf und ärgern uns ab dem Abfallberg, welcher sich an beiden Seiten angesammelt hat. Bereits nach kurzer Zeit müssen wir uns den Weg auf abenteuerliche Weise erkämpfen, hier ist bestimmt schon lange kein Wanderer mehr durchgekommen! Wir wechseln mehrfach die Flussseite und überqueren eine baufällige Hängebrücke, um einem Pfad zu folgen.
Wenig später geben wir auf, durch dieses Dickicht gibt es einfach kein Durchkommen. Wir kehren um und folgen dem nächstbesten Weg. Nach einigen Fehlversuchen gelangen wir schliesslich wieder auf die Hauptstrasse, von wo aus wir mit dem Taxi wieder zurück in die Stadt gelangen.
Der Besuch des örtlichen Handwerkermarktes lohnt sich kaum, da praktisch alle Stände identische Ware verkaufen, entweder farbige Klamotten oder Bernstein-Schmuck.
Den kurzen Abstecher hoch zur Iglesia de Cerrito können wir allen wärmstens empfehlen. Nachdem man die 250 Stufen bewältigt hat, geniesst man einen tollen Ausblick auf die Stadt und die Strasse, welche mit Girlanden reich geschmückt ist.
Stefan feiert heute Geburtstag. Auf seinen Wunsch hin bestellen wir in einer Weinbar eine Käseplatte. Richtiger Käse ist in Mexico Mangelware, entsprechend sind wir gespannt, was da wohl serviert wird. Mit skeptischem Blick degustieren wir die paar Brocken, der Käse stinkt im wahrsten Sinn des Wortes zum Himmel! Gereifter Ziegenkäse ist zwar sehr intensiv im Geschmack, für uns aber leider nur knapp geniessbar.
Nach dem von Moni organisierten, leckeren Abendessen geht es Stefan schlecht. Er hat wohl Zugluft erwischt und klagt über starke Nackenschmerzen. Anstelle einer zünftigen Geburtstagsfeier verbringt er die Nacht mit einem Mitternacht-Spaziergang und wälzt sich später trotz unzähligen Schmerztabletten im Bett hin und her.
Ein intensiver Tag bricht an, bereits um 5’00 Uhr warten wir draussen in der Kälte auf unseren Chauffeur. Zugleich sind wir aber froh, endlich aus diesem Zugloch rauszukommen.
Artur fährt uns mit seinem Auto nach Palenque und zeigt uns unterwegs die Sehenswürdigkeiten. Vorher muss er jedoch via Whatsapp-Gruppenchat abchecken, ob die Strasse passierbar ist. Er fragt nach, ob noch keine Strassensperren gestellt wurden. Chiapas ist die ärmste Region von Mexico und die Bewohner der Dörfer fühlen sich von der Regierung im Stich gelassen.
Aus diesem Grund errichten sie Strassensperren und erheben unerlaubterweise Wegzoll. So müssen die vorbeikommenden Autofahrer entweder bezahlen oder einen extrem weiten und mühsamen Umweg in Kauf nehmen. Wir haben Glück und die Wegelagerer sind noch nicht auf ihrem Posten.
Die Strasse ist in einem schlechten Zustand, Roadbumper sind alle paar hundert Meter zu finden. Manchmal sind sie klein und problemlos durchfahrbar, manche hoch und nur in Schritttempo überquerbar. Bei einigen Hindernissen stehen Warnschilder, doch leider nicht überall. So übersieht Artur manchmal die Unebenheiten und wir heben begleitet von seinem «Sorry» ab.
Die kurvenreiche Strecke durch den Nebel-Regenwald erfordert die gesamte Aufmerksamkeit des Fahrers. Im Asphalt klaffen immer wieder grosse Löcher und auf einem Teilstück ist die ganze Strassenseite vom Regen weggespült worden. Da dies an einem Abhang geschah, steht die Regierung vor einem schier unlösbaren Problem. Sie können die Strasse nur reparieren, indem sie die ganze Strasse sperren und das ist praktisch unmöglich, weil es in dieser Gegend keine Umfahrungsmöglichkeiten gibt. Die Strasse wird jedoch immer weiter vom Abhang verschlungen und das Problem damit immer grösser!
Moni sei Dank haben wir uns für den Privattransport entschieden, es hätte da noch die günstigere Variante mit einer Gruppentour gegeben. Unterwegs fahren wir an eben diesem Kleinbus vorbei, welcher am Strassenrand geparkt hat. Die Fahrerseite des Busses wurde schlimm aufgeschlitzt! Ein Unfall ohne Personenschaden, bei dem der Unfallverursacher anschliessend Fahrerflucht begonnen hat. Das sei hier so üblich, meint Artur. Er hat Mitleid mit dem Chauffeur, welcher jetzt in der Hauptsaison kein Auto und somit keinen Job hat. Zudem wird er wohl einen Teil am Sachschaden berappen müssen!
Sehr zu unserem Unmut erzählt unser müder Fahrer, dass er gestern bis um 21.00 Uhr eine Tagestour gefahren sei und danach bis 02.00 Uhr noch jemanden vom Flughafen abholen musste. Nachdem er uns heute abgeliefert hat, muss er die ganze Strecke im Konvoi und im Dunkeln zurückfahren und wird so um Mitternacht zu Hause sein. Morgen werde er nochmals die gleiche Tour wie heute fahren. Das ist so krass und unverantwortlich von dieser Reiseagentur! Artur meint nur, er müsse halt alle Jobs annehmen, da die Hauptsaison hier nur drei Monate dauere, danach seien die Fahrerjobs rar gesät.
Während unseres Aufenthaltes in Agua Azul gönnt sich Artur wenigstens ein kleines Nickerchen. Agua Azul ist eine Ansammlung von wunderschönen, kleinen Wasserfällen, welche azurblaues Wasser führen. Das Wasser hat ganz schön Druck, als Stefan sich in die Nähe der Fälle wagt.
Wir geniessen diese einzigartige Landschaft und das Bad in diesen idyllischen Wasserfällen. Gleich nebenan stehen die Souvenir-Shops in Reih und Glied, um den meist einheimischen Touristen einige Pesos abzuknüpfen.
Der nächste Halt ist in Misol-Ha. Im Kinofilm Predator stürzt sich Arnold Schwarzenegger (resp. sein Stantdouble) von diesem Wasserfall 35 Meter in die Tiefe!
Durch einen Wanderweg gelangen wir hinter die Kaskade, bewaffnet mit Taschenlampen gelangen wir in eine kleine Höhle, wo ein weiterer, kleiner Wasserfall aus der Felswand fliesst.
Vorbildlich sammelt Artur auf unserer Tour den herumliegenden Abfall ein und entsorgt ihn im Mülleimer. Er sorgt sich um die Umwelt und die Natur, Artur möchte später als Guide Touristen in die Natur führen.
Er erzählt auch von den grossen Palmölplantagen, welche die Böden sauer machen und den Besitzern nur eine kurze Gewinnspanne bringen, danach ist der Boden unfruchtbar und der Urwald weg!
Unser Endziel ist Palenque, nahe der Stadt besuchen wir die bekannte Pyramidenanlage der Mayas. Nachdem wir die aufdringlichen Führer abgewimmelt haben, erkundigen wir die von Touristen überschwemmte Anlage auf eigene Faust.
Bisher wurden erst um die 5% der riesigen Tempelanlagen freigelegt, der Rest ist immer noch vom dichten Dschungel überwachsen und die Ausgrabungen dauern immer noch an. Da sind wohl noch einige Schätze vergraben?
Während der Fahrt zu unseren AirBnB läuft uns noch ein «Agouti» (sieht aus wie ein Riesenmeerschweinchen) über den Weg und am Himmel oben fliegt ein roter Macao-Ara durch den Urwald.
Unser Host Susanne kommt aus Deutschland und arbeitet hier als klassische Gitarrenspielerin. Wir werden von ihr, den beiden Hunden und der Katze sehr freundlich empfangen und residieren in einem komfortablen Steinchalet mit Küche und Waschmaschine.
Draussen auf der Terrasse geniessen wir die Aussicht auf den Urwald und den gepflegten Garten. Wir befinden uns so richtig mitten im Urwald, die Geräusche der Nacht sind einmalig!
Hier gefällt es uns, beim Frühstück draussen auf der Terrasse beschliessen wir, eine Nacht zu verlängern. Susanne fährt mit uns in die Stadt, damit wir unsere Weiterreise nach Guatemala buchen können.
Später schlendern wir über den örtlichen Markt, um etwas Gemüse und Früchte einzukaufen. Susanne lädt uns später zum Apero ein, bei einem Glas Wein und leckerem Käse geniessen wir ihre Gesellschaft.
Susanne pendelt seit Jahren zwischen München und Mexiko hin und her. Sie hat der Liebe wegen hier ein Haus gebaut, ihre mexikanische Freundin ist aber leider kürzlich verstorben.
Seit Jahren steht bei Susanne eine Solarpanel-Anlage auf dem Dach, die wird aber nicht ans Netz geschlossen, da der Hersteller eine 220Volt Anlage baute, hier aber nur 110Volt eingespiesen werden können. Nachdem dieses Adapter-Problem endlich gelöst wurde, kriegt sie die seit Monaten bestellten Stromzähler einfach nicht geliefert, dass nennt man wohl Bürokratie auf mexikanisch.
Mit dem Collectivo-Bus fahren wir in die Nähe der Ruinen. Auf einem beschilderten Walking-Trail wandern wir im Urwald herum.
Wir geniessen die alten Bäume, den Geruch des Waldes und das Gebrüll der Affen. Mitten im Urwald entdecken wir einige Steinhaufen, eine Hinterlassenschaft der Mayas.
Am nächsten Morgen heisst es schon wieder Abschied nehmen. Nach zwei Monaten verlassen wir Mexiko und fahren südlich bis nach El Ceibe, von wo aus wir die Grenze nach Guatemala überschreiben.
Viva Mexico! Dein scharfes Essen, deine unzähligen Fiestas, deine Landschaften, die perfekten Strände und erfrischenden Cenoten, deine liebenswerten Bewohner und die antiken Tempelanlagen werden immer einen speziellen Platz in unseren Herzen tragen!
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