Reiseblog Tintagel bis Hemingborough / 18. – 24. August 2017
Der Westküste von Cornwall entlang erreichen wir nach einer staubedingten Verzögerung Tintagel. Unser Navi lotst uns mal wieder über den schnellsten Weg dorthin und Stefan kriegt fast den «Knieschlotteri», denn die Nebenstrasse wird immer enger und weit und breit ist kein Platz zum Kreuzen. Auch mit eingezogenen Seitenspiegeln streifen die Sträucher auf beiden Seiten das Auto.
Das herzige Dörfchen von Tintagel ist ein richtiger Touristenmagnet. Eines seiner Sehenswürdigkeiten ist das alte Postbüro in einem Steingebäude aus dem 14. Jahrhundert. Dem Touristenstrom folgend gelangen wir hinunter an die raue Küste, zum Eingang der Tintagel Burgruine.
Die Festungsanlage liegt auf einer Halbinsel, zu ihr führen steile Zu- und Abgänge. Die Burg ist nur durch eine schmale Landzunge mit dem Festland verbunden. Gemäss alten Sagen ist Tintagel Castle eng mit dem mythischen König Arthur verbunden.
Die Aussicht auf die Felsbrandung des Atlantiks und die Überbleibsel der Ruinen ist auf alle Fälle atemberaubend!
Als wir Bude, eine Ortschaft an der Nordküste der Grafschaft erreichen, regnet es in Strömen und der Wind bläst uns fast weg! Da uns bei diesem Wetter die ausgedehnten Sandstrände des Ferienortes kaum interessieren, kaufen wir im Supermarkt «Sainsbury» einige Lebensmittel ein und fahren der Sonne entgegen. Im Harvest Cottage B&B (einer Hühnerfarm) beziehen wir unsere einfache aber gemütliche Unterkunft.
Bei wechselhaftem, kühlem Wetter durchqueren wir den Exmoor National Park. Der Park besteht aus 430 km2 Hügeln und Talmulden, Unterholz und Heide, Hütten und traditionellen Dörfern. Er sei ein Paradies für alle, die nach Ruhe und Harmonie suchen.
In Wood Bay fährt die alte Dampflok der Lynton & Barnstable Railway mit einigen Waggons in den Bahnhof. Eisenbahn-Enthusiasten haben einen Teil der früheren Wegstrecke wiedereröffnet und so können Eisenbahnfreaks die Strecke von gerademal einer Meile (1.6km) mitreisen!
In Lynton lassen wir uns mit der Cliff Railway, einer historischen Drahtseilbahn die mit Wassertanks angetrieben wird, hinunter an den Steinstrand von Lynmouth befördern. Zurück geht’s dann zu Fuss den steilen Pfad hinauf.
Die Kirche in Lynton beeindruckt mit ihren alten Grabsteinen und der Aussicht auf die wilde Klippenlandschaft. Ebenfalls sehenswert ist der «Lyn Valley Arts and Craft», ein Kunst- und Souvenirshop, der sich in den Räumen einer ehemaligen Kirche befindet.
An der kurvigen Küstenstrasse entlang blüht rosalila-farbiges Heidekraut, welches trotz bewölkten Himmel ein tolles Fotosujet abgibt.
Dunster, ein mittelalterliches Städtchen, kann nebst der uralten Markthalle mit einer mächtigen Burg und einem Herrenhaus aus dem 17. Jahrhundert auftrumpfen. Wir besuchen den Souvenirshop in den ehemaligen Pferdestallungen und erfreuen uns an der Blütenpracht im Schlossgarten.
In einem 400-jährigen Riethaus, welches bis vor 15 Jahren noch als Pub diente und zum Wohnhaus umgebaut wurde, kommen wir für die Nacht unter. Unsere Landlady Rachael reserviert uns einen Tisch im nächstgelegenen Pub. Es ist rege besucht und entsprechend laut, das Essen schmeckt aber überraschend gut.
In England darf natürlich auch das typische Englische Frühstück nicht fehlen: süsse Bohnen in Tomatensauce, dicke Speckscheiben, gebratene Würste, Tomaten, Toast und Eier. So ein währschaftes Frühstück ist definitiv nichts für uns!
In der Grafschaft Somerset, am Fluss Avon liegt die Stadt Bath. Sie ist berühmt für die römischen Bäder, die ab dem Jahr 43 n.Ch. aus warmen Quellen entwickelt wurden. Es sind die einzigen heissen Quellen von ganz England. So entwickelte sich Bath immer mehr zum Kurort der wohlhabenden Bevölkerung.
Daher stehen auch noch viele historische Gebäude in der Stadt. Eines der bekanntesten Bauwerke ist der Royal Crescent, Stefan kann jedoch mit dem Gebäude nichts anfangen, er findet den «königlichen Halbmond» (30 Häuser aneinandergebaut) sogar ziemlich hässlich.
Die Brücke «Pulteney Bridge» aus dem Jahr 1769, die botanischen Gärten und die Gebäude um die Kathedrale sind aber beeindruckend.
Die Ausgrabungen des hervorragend erhaltenen römischen Bades sind die Hauptattraktion für Touristen. Die lange Warteschlange beim Museum haben wir mit im Voraus gebuchten Online-Tickets ausgetrickst.
Die Audioguide-Führung auf Deutsch ist spannend und die Führung durch das Labyrinth der grossen Anlage interessant, nur die gewaltige Masse an Touristen nervt leider manchmal. Trotzdem, der Besuch ist sehr empfehlenswert!
Am nächsten Morgen nieselt es und der wolkenverhangene Himmel wirkt nicht einladend, darum kommen wir heute nur schwer aus den Federn! Am Nachmittag raffen wir uns auf und machen uns auf den Weg nach Stonehenge.
Kurz vor dem Ziel geraten wir in einen langen Stau, welcher wegen den berühmten Steinkreise entsteht. Stonehenge ist schon von weitem auf der Autostrasse her sichtbar. Moni meint, die Steine befinden sich nicht gerade an einem mystischen Ort, direkt neben der Hauptstrasse.
Der Name Stonehenge stammt aus dem Altenglischen und bedeutet so viel wie «hängende Steine». Die Anlage wurde in diversen Bauabschnitten errichtet, die sich über einen Zeitraum von über 2000 Jahren erstreckten, erstmals ca. 3100 v.Ch.
Die Ausrichtung der Steine erfolge so, dass am Morgen des Mittsommertags, wenn die Sonne im Jahresverlauf am nördlichsten steht, die Sonne direkt über dem Fersenstein aufging und die Strahlen der Sonne in gerader Linie ins Innere des Bauwerks, zwischen die Hufeisenordnung, eindrangen. Naja, heute suchen wir die Sonne vergeblich.
Die Anlage wird tagtäglich von Touristen geradezu überschwemmt, deshalb dürfen die Steinkreise auch nicht mehr betreten werden. Aus einer Distanz von ca. 40m versuchen wir vergeblich, etwas von diesem magischen Kraftort mitzubekommen. Über den Zweck der aufwendigen Anlage existieren verschiedene Theorien: vom Kult- und Versammlungsplatz über eine religiöse Tempelanlage und Begräbnisstätte bis hin zum astronomischen Observatorium.
Beschaulicher wird es im Dorf von Avebury, wo wir einen der grössten Steinkreise auf den britischen Inseln besuchen. Diese beeindruckenden Steinmonolithe geniessen wir praktisch für uns alleine, auch Anfassen und Umarmen ist hier ausdrücklich erlaubt.
Der äussere Steinkreis beträgt einen Umfang von ca. 1’200m, ursprünglich wurden 98 Steine aufgestellt, von denen noch 27 erhalten sind. Die Steine waren 2,1m bis 5,5m hoch und wogen bis zu 40 Tonnen, wie die wohl transportiert und aufgestellt worden sind?
Im hübschen Städtchen Marlborough, schlendern wir der Hauptstrasse mit den mittelalterlichen Gebäuden entlang und geniessen einen wärmenden Kaffee.
Oxford überwältigt den Besucher mit seinen imposanten Bauten, Kirchen, Paläste und mächtige Universitätsgebäuden! Allen voran fasziniert uns die imposante Bischofskirche «Christ Church Cathedral» mit ihrer blühenden Gartenanlage.
Wir nehmen an einer geführten Universität- und Citytour teil. Unser Guide Marc weiss vieles über die Stadt und seine Universitäten zu berichten. Zu Fuss besichtigen wir das Wadham College, die New Weston Library, das New College mit seiner Kapelle, den Covered Market, die Divinity School mit der Bordleian Library (Harry Potter lässt grüssen) und die Kathedrale von Oxford.
Insgesamt sind in Oxford 45 verschiedene Colleges beheimatet, die Gebäude ähneln Schlössern und verfügen meist über eine grosszügige Gartenanlage und einer eigenen Kapelle.
Im University Museum bewundern wir die ausgestellten Dinosaurierskelette und seltenen Mineralien. Nur schon die Gebäudehalle alleine ist ein Besuch wert. Wir sind uns einig, die Universitätsstadt Oxford ist genial! Eigentlich schade, dass Morgen unsere Reise bereits weitergeht.
Auf dem Highway brettern wir ca. 300km in den Nordwesten von England, vier Stunden später erreichen wir Chester. Die historische Altstadt zählt zu den am besten erhaltenen, ummauerten Städten des Landes. Sie ist bekannt für ihre «Rows», den aus dem Mittelalter stammenden Fachwerksbauten.
Chester hat den Touristen einiges zu bieten, weitere Sightseeing-Spots sind die Kathedrale, die Stadthalle und die Überreste einer römischen Siedlung inklusive Amphitheater und römischem Bad. Die Strassenmusikanten erfreuen uns mit ihrem spielerischen Können, während wir gemütlich Kaffee schlürfen.
Über den mautpflichtigen Queensway Tunnel gelangen wir «unter Wasser» in die City von Liverpool. Der Tunnel führt unter dem Fluss Mersey hindurch und ist der längste Unterwassertunnel, der mit Autos befahren werden kann.
Unser Hotel liegt mitten im Stadtzentrum, von hier aus sind die wichtigsten Sehenswürdigkeiten bequem zu Fuss erreichbar.
Liverpool ist der Geburtsort der Beatles, das wird auch in der Ausgeh-Meile der Mathew Street zelebriert. Hier buhlen verschiedene Pubs mit Livemusik um die zahlreichen Partygänger. Man fühlt sich in alte Zeiten zurückversetzt, Beatles-Songs und andere Oldies stehen ganz oben auf der Playlist. Auch der berühmte Cavern Club liegt in dieser Strasse, ganze 292 Konzerte haben die Beatles hier die Bude gerockt.
Leider ist der Lautstärkepegel der Musik extrem hoch, Gehörschutz ist demnach empfehlenswert. Auf der Leinwand wird der Fussballmatch Liverpool gegen Hoffenheim (4:2) übertragen, das wird wohl eine lange Partynacht in der Fussball-verrückten Stadt!
Vor der St. Georges Hall (einem Theater und ehemaligen Gericht im gleichen Gebäude) nehmen wir an einer «Free Walking Tour» teil. Trevor, ein Ire welcher schon seit 18 Jahren hier in Liverpool wohnt, führt mit viel Witz, Humor und Wissen zweieinhalb Stunden durch die Stadt mit ihren ca. 480’000 Einwohnern.
Im 17. Jahrhundert wuchs Liverpool zu einer Weltstadt dank seiner modernen Hafenanlage, in deren die Schiffe ihre Ladung rasch möglichst löschen und wiederbeladen konnten. Zudem machten die Erträge aus dem Sklavenhandel die Stadt extrem reich. Im zweiten Weltkrieg wurde Liverpool zu 60% zerbombt, nur wenige wirklich alte Gebäude und Strassenzüge haben überlebt!
Die Liverpool Central Library wurde für 55 Millionen Pfund renoviert und glänzt mit einem beeindruckenden Atrium sowie dem Picton Leseraum, welcher sich sehen lassen kann und zudem eine extrem gute Akustik verfügt.
Das Kunstmuseum, das World Museum und weitere Museen können gratis besucht werden!
Beim Mahnmal, wo dem Hillsborough Unglück (95 Tote bei Massenpanik im Fussballstadion) gedenkt wird, erzählt Trevor andächtig, wie es zu der traurigen Tragödie kommen konnte.
Natürlich dürfen auf dieser Tour die drei imposantesten Gebäude der Liverpool-Wasserfront nicht fehlen: das Royal Liver, das Cunard und das Mersey Docks-Gebäude. Schon einige Hollywood-Streifen wurden in dieser Kulisse abgedreht.
Vorbei am sehenswerten Maritime Museum und dem aufrüttelnden Sklavenmuseum wird bei den Albert Docks im Liverpool Museum ein Kurzfilm über die Beatles gezeigt. Unglaublich, wie die Fans, allen voran natürlich die Frauen, ausgerastet sind!
Die «Metropolitan Cathedrale of Christ the King» wurde 1967 fertig gestellt und gefällt durch ihr spezielles Äusseres sowie dem kreisförmigen Innenkerns, ein Orgelspiel lädt uns zum Verweilen ein.
Als Gegenpol dient die mächtige «Liverpool Cathedral», welche im 20. Jahrhundert erstellt wurde. Vor allem das Innenleben im Stil der Neogotik ist eine architektonische Meisterleistung, einfach nur atemberaubend schön!
Bevor wir Liverpool verlassen, besichtigen wir noch das Walker Art Museum mit seinen Statuen und den prächtigen Gemälden aus verschiedenen Epochen. Moni ist fasziniert von den Werken von Alfons Mucha, dem berühmten Plakatkünstler der Belle Epoche.
Es ist ein komisches Gefühl, als wir nach dreiwöchiger Reise die schmale Einfahrt zur «Orchard Barn», unserem Zuhause für den nächsten Monat, erreichen.
Die Hausherrin Luisa heisst uns herzlich willkommen und verwöhnt uns mit Kaffee und selbstgemachtem Kuchen. Was wir hier alles erleben werden, erzählen wir euch im nächsten Blog…
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