Blog Potosi und Sucre, Bolivien
Mittlerweile hat der Dünnpfiff auch Stefan’s Gedärme erreicht… aber unsere Reise geht weiter. Wir fahren mit dem Bus (natürlich ohne Toilette) ungefähr vier Stunden nach Potosi. Nach der Salzwüste führt uns unser Weg wieder hinauf ins Gebirge. Karge, steppenähnliche Umgebung, Geröll und Felsenlandschaften warten auf uns. Zum Glück ist die Strasse asphaltiert und in einem top Zustand! Kleine, abgelegene Dörfer und steile Pass-Strassen warten auf uns. Unterwegs müssen wir einen Not-Stopp einlegen, weil es einer Touristin schlecht geht und sie sich übergeben muss. Tja, wir befinden uns halt wieder auf über 4’000 Metern Höhe!
Potosi ist eine UNESCO-Weltkulturerbe-Stadt mit ca. 175’000 Einwohnern und befindet sich am Fuss des Berges Cerro Rico, dessen Silberreichtum Potosi im frühen 17. Jahrhundert zu einer der größten Städte der Welt machte! Von dessen Silber- und Zinnvorkommen ist die Stadt noch heute abhängig.
Erwähnenswert ist der in der Stadt gelegene Mercado de los Mineros, der Markt der Minenarbeiter. Dort kann ein jeder hochexplosiven Sprengstoff ebenso wie 96-prozentigen Alkohol erwerben. Er gilt als der einzige öffentliche Markt der Welt, an dem man legal Dynamit kaufen kann! Unglaublich, aber wahr! Die Mineros trinken den Fusel während der Arbeit, na dann Prost!
Unser Appartement ist sehr geräumig und bestens eingerichtet, mit Sekretär, grossem Esstisch, einem mit Gratisgetränken gefüllten Kühlschrank und Schokolade auf dem Nachttischli! Die Türen sind sehr niedrig, für Bolivianer halt. So schlagen wir uns die nächsten Tage lang die Köpfe wund an diesen scheiss-niedrigen Wänden! Leider funktioniert die Waschmaschine nicht (deswegen haben wir diese Unterkunft gewählt), die Eigentümer haben Probleme mit dem Wasser (wie alle in dieser Stadt…). Zu unserem Pech befindet sich gleich neben unserer Wohnung eine Grossbaustelle, hoffentlich arbeiten die nicht bis spät in die Nacht hinein!!
Wir spazieren gemütlich (geht gar nicht anders) durch den dichten Verkehr in den engen Gassen bis zum einzigen Supermarkt des ganzen Zentrums! Der ist für hiesige Verhältnisse gut bestückt, trotzdem gibt es nur eine Handvoll verschiedene Käsesorten zu kaufen, auch Früchte und frisches Gemüse sind nur spärlich vorhanden. Schwer bepackt mit Wein und Fressalien (sogar mit Barilla-Teigwaren) geht’s zurück. Stefan hat mit seinen Bauchkrämpfen zu kämpfen, Moni geht’s zum Glück wieder besser.
Nach einer schlimmen Nacht (auf dem WC) haben wir kein Wasser mehr im Badezimmer, so fällt Duschen aus und wir müssen draussen in einem Kübel Wasser holen und in die Toilette giessen, damit es nicht mehr stinkt. Stefan traut sich heute nicht raus, weil er nicht weiss, wie sein Magen reagiert, so aktualisieren wir unsere Homepage und verbringen die Zeit mit Lesen. Am Abend kocht Stefan Pasta Bolognese (wobei das Hackfleisch rein geschmacklich vermutlich vom Lama stammt), das schmeckt aber trotzdem lecker!
Nachdem wir uns beide etwas besser fühlen, wagen wir eine weitere Erkundungstour durch die Altstadt. Zum Teil stinkt es fürchterlich von den Abgasen der alten Autos. Potosi ist bekannt für seine schmucken Kolonialhäusern, unzählige Kirchen und einem sehenswerten Hauptplatz. Eine Schulband spielt dort «Guggemusik» und die Kids besprühen sich gegenseitig mit weissem Schaum ins Gesicht, die haben wohl etwas zu feiern heute?
Wir schlendern durch den Mercado Central und staunen, was dort alles an Ware angeboten wird. Als wir die Freiluftmetzgereien gesehen haben, ist uns aber der Appetit auf Fleisch vergangen. Einige alte Frauen verkaufen Kräutermischungen und getrocknete Lama-Föten, dass seien Opfergaben für Pachamama (Mutter Erde)!
Stefan besichtigt das Nationale Münzhaus. Das ist ein Museum, in dem die Münzengeschichte von Potosi ausgestellt wird. Von den ersten, von Hand (Hammer) geprägten Münzen über Eselpower zu dampfbetriebenen und elektrischen Münzprägemaschinen ist alles vorhanden. Die Geschichte dazu ist sehr spannend, dazu verfügt das Museum noch eine Ausstellung mit einheimischen Künstlern und Bildern aus der spanischen Kolonialzeit.
Danach folgen einige Räume mit Silberschmuck. Eindrücklich sind auch die drei grossen Holzmaschinen aus Spanien, die je mit 4 Eseln angetrieben werden und dazu dienten, die Silberbarren dünner zu machen, damit die Münzen ausgeschnitten werden können. Das beeindruckende Gebäude mit 150 Räumen stammt übrigens aus dem Jahre 1773.
Am Abend herrscht Partystimmung auf unserer Grossbaustelle, dafür wird um 01.30 Uhr kräftig gehämmert, vielen lieben Dank auch! Dazu verbringen wir beide auch diese Nacht wieder häufig auf der Toilette.
Am Morgen fahren wir mit dem Taxi zum Busterminal. Kaum ausgestiegen, werden wir gefragt ob wir nach Sucre wollen. Der Car wartet bereits und wir verlassen den Silberberg. Die 3 ½ Stündige Fahrt kostet uns übrigens schlappe 40 Bolivianos (7 CHF).
Bei uns in der Schweiz würde man Tunnel bauen, hier kurvt man entweder um die Berge herum oder die Pässe hoch und wieder runter. Unser Bus hustet sich tapfer mit schwarzem Rauch die Hügel hoch. Die Landschaft wird grüner und nebst einfachsten Bauernhütten fahren wir auch an feudalen Herrschaftshäusern vorbei.
In Sucre angekommen, geniessen wir das warme Duschwasser im Hostel, juhuii!! Nach der ausgiebigen Körperpflege machen wir einen Spaziergang ins nahe Zentrum. Nicht La Paz sondern Sucre ist die Hauptstadt von Bolivien. Die ca. 240’000 Einwohner-Stadt wurde nach dem revolutionären Führer Antonio José de Sucre benannt. Sie ist auch für ihre Schokoladenspezialitäten bekannt. Oh ja, die schmeckt extrem gut, besonders die mit Quinoa können wir wärmstens empfehlen!
In der Bio-Drogerie fragen wir nach den «Magen-Kügeli», welche uns unsere Freundin Anita aus der Schweiz empfohlen hat. Sie hat einige Zeit in Sucre gewohnt und in dieser Drogerie gearbeitet. Nach einigem Suchen finden sie die Kügelchen, jedoch sind nur noch ca. 10 Stück vorhanden. So gehen wir in einer Apotheke ein Pulver holen. Man bezahlt in Bolivien entweder für die ganze Packung oder kann aber auch nur einzelne Pulverpäckli oder Tabletten kaufen, speziell!
In der Nacht stürmt, regnet und hagelt es stark! Wie wir später erfahren, hat nur eine Woche zuvor ein heftiger Hagelschauer mit faustgrossen Hagelbällen (wir haben die Fotos gesehen) grosse Schäden angerichtet!
Nachdem wir unser Büro gemacht und die Weiterreise geplant haben, wollen wir am Nachmittag das Museum del Tesoro besuchen. Man sehe und staune, nicht nur die meisten Shops und Restaurants, auch sämtliche Museen haben am Sonntag geschlossen. So kurven wir planlos durch die Strassen der Altstadt. Am Hauptplatz 25 de Majo sitzen wir auf eine Parkbank und schauen einer Gruppe Kids zu, die vor einer Leinwand mit Folkloremusik einige Tänze aufführen.
Unterwegs besichtigen wir noch eine kleine Kunstausstellung (die einzige von Sucre, wie wir gleich erfahren werden). Die Ausstellung Arte y Cultura gehört Fredy Hofmann und seinem Sohn. Er ist aus der Schweiz und lebt schon seit 20 Jahren in Bolivien. Er ist sehr gesprächig und es ist interessant, ihm zuzuhören:
Jeder Gringo, der länger hier lebt, werde mal ausgeraubt. Fredy sind schon drei Laptops gestohlen worden. Der Neueste ist jetzt mit einem starken Schloss am Bürotisch angekettet! Auch sein Haus sei schon ausgeraubt worden (der Schmuck seiner Ehefrau verschwunden…) auch der Sohn sei in der Nacht beim Nachhause laufen schon überfallen worden, dass sei einfach normal.
Die Bolivianer haben ein riesiges Problem mit Wasser, in der Trockenzeit reiche es von vorne bis hinten nicht aus. Die Gegend um Potosi sei sowieso bereits durch die Minen verseucht. Auch der Nahrungsmittelanbau stehe unter grossem Druck. Dürre, Überschwemmung und Hagel zerstören grosse Teile der Ernte.
In Bolivien ist jetzt Fasnachtszeit, früher haben die Kids den Mädchen und jungen Frauen Wasserballons nachgeworfen, dass sei jetzt aber wegen dem akuten Wassermangel verboten worden!
Fredy vermisse aber nichts in der Schweiz, er gönne sich dort aber ein Kebab (sympathisch) und ein Stück Fleischkäse, das kriege man hier nicht, wohl aber einen feinen Fonduekäse.
Heute ist das Museo del Tesoro geöffnet. Wir sind die einzigen Gäste und geniessen deshalb eine Privatführung auf Englisch. Zuerst wird in einem Kinoraum die Geschichte des Gebäudes erzählt. Der Guide erklärt uns alles über die Edelsteine und die Edelmetallgewinnung in Bolivien. Gold, Silber, Zinn und Bolivianita (eine Mischung aus Amethist und Citrin = Ametrin wird der Stein aus dem Urwald genannt) wird hier aus den Minen geholt. Wir werden im kleinen Museum herumgeführt, ein Licht nach dem anderen wird bei den einzelnen Schaufenstern erhellt, so dass wir uns darauf konzentrieren können, einfach, aber effektiv! Die Führung ist kurzweilig und interessant! Im Shop können diverse Bolivianita Schmuckstücke gekauft werden.
Im Condor Cafe buchen wir für morgen eine Tagestour, dann spazieren wir hoch nach La Recoleta, dem Aussichtspunkt von Sucre. Unterwegs regnet es kurz aber heftig, dann wird das Wetter zum Glück wieder besser. Oben angekommen geniessen wir den Ausblick und gönnen uns einen leckeren Fruchtsaft. Stefan vergisst seinen Hut im Cafe, deshalb legt er, als wir schon wieder den Hügel runtermarschiert sind, noch eine Extrarunde ein, keuch-hust!
Nach dem Abendessen kaufen wir unterwegs Getränke. Die Shops sind verriegelt und verrammelt, die Getränke oder Esswaren werden durch ein Gitter hindurch gereicht, wohl schlechte Erfahrungen mit Diebstahl gemacht?
Um neun Uhr sind wir wie gewünscht am Treffpunkt für die Tour. Mit Manuel und Nicola kommen noch zwei weitere Gäste mit auf die Tour, die sind aber um 9’00 Uhr noch nicht da… die Leute im Büro werden nervös und rufen keine 5 Minuten später ins Hostel an, wir staunen ab der Pünktlichkeit der Bolivianer! Kurz darauf sind wir jedoch komplett.
Mit Zulma (unserer bolivianischen Führerin aus Sucre) gehen wir ein paar Blocks weiter zu einer Haltestelle, wo wir auf einen einheimischen Sammel-Bus warten, der uns bis zum Dinosaurierpark raus fährt. Hier können wir einen 20-minütigen Film über die Dinos und deren Aussterben anschauen (ziemlich blutig und definitiv nicht für die kleinen Kids geeignet…)
Danach begleitet uns ein Führer durch das Museum und erklärt uns die Fussabdrücke der Dinos. Er macht das auf Deutsch und wirkt so begeistert von diesem Ort, dass wir schmunzeln müssen. In einem Steinbruch einer Zementfabrik wurden im Jahre 1994 diese Spuren gefunden. Über 12’000 Fussabdrücke wurden seither vermessen und bestätigt. 1’200m lang ist die Wand und rund 80m hoch. 294 verschiedene Dinosaurierarten sollen auf dieser Fläche auf der Suche nach Wasser vorbeigewandert sein! Durch die Erdplattenverschiebung wurde die Wand fast senkrecht hochgedrückt, so dass die Spuren vom gegenüberliegenden Hügel gut sichtbar sind.
Dann geht’s weiter, statt wie vorgesehen mit zwei weiteren Bussen chartert Zulma ein «Taxi», welches uns zum Ausgangspunkt der Wanderung bringt. Von hier aus wandern wir steil bergab in ein Tal. Auf einer kleinen Lichtung machen wir eine Mittagspause, es gibt belegte Brote mit Käse, Avocado und Salaten, dazu Eier. Eine Hündin ist uns seit der Bachüberquerung gefolgt und seither nicht mehr von unserer Seite gewichen. Über Stock und Stein ist sie jetzt unsere Reisebegleiterin geworden, dankbar verschlingt sie unsere Essensreste.
Plötzlich fängt es an zu regnen und das nicht zu knapp. Also schnell die Regenjacke an und den Rucksack schützen. Jetzt müssen wir uns durch Sträucher mit 5cm langen Dornen durchkämpfen, mühsam! Dann kämpfen wir uns durch ein Bachbett, welches sich langsam aber sicher immer mehr mit Wasser füllt, zum Schluss klettern wir dem Bachverlauf entlang (zum Teil gefährlich nahe dem Abhang) bis wir endlich unser Ziel, die sieben Kaskaden (Wasserfälle) erreichen.
Es regnet immer noch stark und uns erwartet nur ein kleines Rinnsal (=Wasserfall Nr. 1) und einen ca. 5m hohen Wasserfall (=Nr.2). Die anderen Wasserfälle befinden sich weiter oben, dafür müssten wir jedoch hinaufklettern. Da es stark regnet, ist uns das egal, nur weg hier… Manuel ist ein Flachlanddeutscher (Leipzig), er kennt die Berge sonst nur vom Hörensagen und ist wandertechnisch ein absoluter Anfänger. Hinzu kommt, dass er gestern fast drei Stunden auf Pferden geritten ist und somit schon etwas angeschlagen ist. Aus diesen Gründen mault er schon lange herum, wenn er das alles nur vorher gewusst hätte, er habe mit einem kurzen Spaziergang gerechnet! Dazu ist er in Sportschuhen auf diesem unwegsamen Gelände unterwegs.
Nachdem wir uns wieder durch den Bach gekämpft haben, geht’s den Hügel rauf bis zu einem Dorf. Mit Steinwürfen müssen wir uns von unserem liebgewordenen Hundeli verabschieden. Oben im Dorf nimmt uns ein Kleinbus in Empfang, er bringt uns zurück ins Zentrum. Manuel kann fast nicht mehr laufen, seine Beine schmerzen. Nicola, seine Partnerin kümmert das aber gar nicht, sie läuft mit dem Guide munter voran, sein Leiden scheint ihr egal zu sein…
Am Abend geniessen wir ein feines Abendessen im Café Monterossa. Die Adresse ist eine Empfehlung von Anita. Ein Italiener hat in seiner Wohnstube ein paar Tische aufgestellt und serviert dort Pasta und Pizza. Wir läuten an der Haustüre, nur ein kleines Schild weist darauf hin, dass sich hier ein Restaurant befindet. Der bolivianische Wein schmeckt spitze, die Bruschetta und die Pasta (vor allem Monis Auberginen/Nüsse Spaghetti) sind Klasse! Danach gönnen wir uns noch ein Gläschen «Fernet-Cola» in der coolen Zebra-Lounge, bevor es «hicks» zurück ins Hostel geht.
Nach dem Frühstück unterhalten wir uns über eine Stunde lang mit Patrick und Livia, einem Pärchen aus der Schweiz, welches auch schon seit Dezember unterwegs ist. Wir haben schon viele gemeinsame Reiseziele bereist. Leider hat Patrick seit 5 Tagen Durchfall und auch Livia geht es nicht viel besser.
Am Nachmittag streunen wir durch den Mercado Grande, dem Markt der Einheimischen. Hohe Berge Eier, verschiedenste Kartoffeln stapeln sich, Rinderköpfe liegen auf dem Metzgertisch, fremdartige Gewürze, unbekannte Früchte und Gemüse werden angepriesen. Wir kaufen einige Nüsse und begutachten die Waren.
Am Abend schauen wir die Origenes de Bolivia Show an, eine Dinner-Tanz-Show. Das Essen schmeckt und die Show ist kurzweilig und toll! Mit Tüchern, Taschentüchern, Hüten und Stöcken, zu zweit und in Gruppen wird getanzt, was das Zeug hält. Die Tänze in bunten Kleidern, Kostümen und Masken sind faszinierend.
Am nächsten Morgen holt uns ein Taxi ab und bringt uns in halsbrecherischer Fahrt zum Flughafen. Die 40minütige Fahrt kostet schlappe 9 CHF! Von hier aus fliegen wir mit leichter Verspätung in einer knappen Stunde bequem nach La Paz.
2 Comments
Hoi zäme super Blog.Wir sind zurzeit in Sucre und geniessen das Grosstadt leben.Der Blog lässt sich gut übers Handy lesen.Frage ist er speziell fürs Handy gemacht?Ist er leicht zu betreiben auch für ältere Semester?
Saludos und weitere tolle Reisen.Willy & Isabelle.
Hallo Willy und Isabelle, vielen Dank für die Blumen… wir freuen uns immer wieder über Post aus aller Welt!!! Geniesst Bolivien… aber Vorsicht mit dem Wasser… so viele Reisende leiden unter Durchfall (das Wasser ist meist verunreinigt). Unser ReiseBlog wurde auf WordPress erstellt, wir haben das Design ausgewählt und die Homepage mit Hilfe einer Fachperson aufschalten lassen. Die Betreuung und Befüllung ist mit etwas Übung gut zu machen… nur muss dir eine Fachperson zuerst zeigen, wie das geht. Updates müssten jedoch auch wieder von einer Fachperson gemacht werden. Saludos aus der nasskalten Schweiz… brrhhh! Stefan & Monika