Reiseblog Punto Arenas – Puerto Natales – Torres del Paine Nationalpark
Zur Begrüssung schenkt uns unsere Wohnungsvermieterin Sybill zwei Lebkuchen mit Schweizerkreuz. Zudem bringt sie uns ein kleines Weihnachtsbäumchen, welches man aufziehen kann und danach Weihnachtsmusik spielt, wie süss!
Da die Wohnung etwas ausserhalb des Zentrums liegt, dürfen wir fürs Abendessen zusammen mit Miguel und Sybill nach Downtown fahren. Sie erzählen uns, dass in der Stadt Punta Arenas zu den Stosszeiten ein Verkehrschaos herrsche, da praktisch jede Familie zwei Autos besitze. Die Autos sind hier extrem günstig, da die Bewohner dieser Region die Fahrzeuge steuerfrei erwerben können, da staunen wir nicht schlecht!
Nach dem gemütlichen Morgenessen nehmen wir uns viel Zeit, um die nächsten Tage zu organisieren und ein Hotel im Nationalpark Torres del Paine zu buchen. Das ausgewählte Hotel Las Torres ist zwar unverschämt teuer, jedoch ist auch der Massenschlag oder sogar ein Zeltplatz in der Hauptsaison extrem kostspielig. Die meisten Unterkünfte sind schon seit Monaten ausgebucht!
Nachdem wir von der Aussichtsplattform aus die farbigen Dächer von Punto Arenas überblickt haben, spazieren wir durchs Zentrum bis zur Strandpromenade und staunen ab den tollen Graffitis an den Wänden der alten Bootsgebäuden. Im stadtbekannten Cafe Rocca bestellen wir ein Glas Bananenmilch und zwei kleine Choriquesas (Toasts). Die Warteschlange für diese leckeren Spezialitäten ist entsprechend gross!
Auf den heutigen Ausflug haben wir uns schon lange gefreut, am Morgen früh werden wir mit dem Bus abgeholt. Francesco ist unser Englisch-Guide für den heutigen Tag. Zuerst sitzen wir zwei Stunden lang in der Autofähre nach Porvenir. In diesem kleinen Dorf auf Feuerland schauen wir uns das Museum an. Francesco erklärt uns, wie die Indigenos, die Selknam, von den europäischen Eroberer ausgerottet wurden, um Platz für Schafe und die Goldminen zu schaffen.
Weiter geht’s über Schotterpisten 80 Kilometer der malerischen Küste entlang zum Parque Pinguino Rey. Unterwegs fahren wir an wildlebenden Guanacos und Graufüchsen vorbei und sehen in der Ferne die Chilenischen Flamingos. Jetzt folgt das Highlight des Tages, der Besuch der Königspinguine! Leider dürfen wir nicht näher als 40 Meter an die putzigen und an Land tollpatschig wirkenden Knuddel-Pinguine ran, aber die Kolonie ist jetzt ein Schutzgebiet und so respektieren wir den Sicherheitsabstand.
Über eine Stunde beobachten und fotografieren wir die zweitgrössten Pinguine der Welt. Die Sonne scheint, jedoch verwackelt der sehr starke Wind viele unserer Fotos. In dieser Bucht leben zwischen 100 – 200 Tiere. Feuerland ist der einzige Ort ausserhalb der subantarktischen Inseln, wo man Königspinguine in der Wildnis beobachten kann. Die sind wohl vor einigen Jahren falsch abgebogen und dank dem fischreichen Gebiet fühlen sie sich hier wohl. Die Pinguine machen keine grossen Faxen, sie ruhen sich einfach an Land aus, um sich von der kräftezehrenden Fischjagd zu erholen.
Auf dem Rückweg nach Punta Arenas müssen wir wieder mit einer Fähre übersetzen. Da es stark windet, bleiben wir freiwillig im Bus sitzen. Unterwegs wird das Schiff zum Spielball der Wellen, wir schaukeln gefährlich hin und her, auf und ab. Alle sind froh, als der Bus endlich wieder festen Boden untern den Rädern hat!
Bei der ältesten Estanzia (Grossfarm) San Gregorio legen wir einen kurzen Fotostopp ein. Die Farm ist zwar denkmalgeschützt, alle Gebäude sind jedoch total zerfallen und leer, das finden wir schade! Vis à vis fotografieren wir noch zwei alte Schiffswracks, welche langsam vor sich hin rosten. Da unser Fahrer und der Guide coole Typen sind, fährt unsere Reisegruppe zu groovender Metal- und Hardrockmusik zurück zum Airbnb.
Auf der dreistündigen, bequemen Carfahrt von Punta Arenas bis nach Puerto Natales erleben wir wieder, wie unberechenbar schnell das Wetter hier ändert. Anfangs regnet es stark, die Scheiben laufen an, deshalb sehen wir nicht viel. Danach windet es den Car fast aus der Spur, später scheint wieder die Sonne und es wird ganz schön warm. Wir flitzen an wilden Steppen- und Waldlandschaften vorbei. Unterwegs begegnen wir dem ersten Viehtrieb. Gauchos hoch zu Ross und ihre Hunde treiben eine Herde Rinder vor sich her.
Punto Arenas ist der Ausgangsort für alle Torres del Paine Trekkings. Hier kommen wir in einem einfachen Hostel mit einem Zimmer, Etagendusche/WC und Gemeinschaftsraum unter. Wir erkundigen das kleine Städtchen bei Sonnenschein, am Ufer weht uns jedoch ein rauer Wind entgegen. Wir schlendern durch die Hauptstrasse vorbei an unzähligen Hostels, Restaurants und Trekking-Ausrüstung-Shops. Zum Abendessen gönnen wir uns ein Cheviche (roher Fischsalat) und als Hauptgang bestellt Stefan ein Guanaco-Ragout. Der Geschmack ist leicht süsslich, ähnlich wie Pferdefleisch.
Da heute in der ganzen Stadt weder Internet noch die Telefonverbindung funktionieren, sitzt unsere Zimmervermieterin Pame wie auf Nadeln. Sie erzählt uns, dass sie das Reisen liebt, es für die meisten Chilenen aber enorm schwierig sei, zu verreisen. Durchschnittlich verdiene ein Chilene pro Monat umgerechnet SFr. 450.00.
Die Klimaerwärmung ist auch hier gut spürbar. In Chile würden die Gletscher in den letzten Jahren nur so vor sich hinschmelzen, auch der Schneefall sei viel weniger stark als noch vor Jahren. Diese sichtbaren Veränderungen stimmen Pame nachdenklich.
Bei leichtem Regen marschieren wir mit unseren Rucksäcken zur nahen Busstation, das restliche Gepäck dürfen wir im Hostel deponieren. Unser Ziel liegt 90 Kilometer entfernt, der Nationalpark Torres del Paine. Am Parkeingang angekommen müssen sich alle registrieren, die Parkgebühr zahlen und danach einen Kurzfilm anschauen, was alles verboten ist im Park. Im Jahr 2012 wurde durch das Feuer eines unachtsamen Touristen ein riesiges Gebiet des Parks in der Grösse von über 20’000 Hektaren abgefackelt.
Unsere erste, vierstündige Wanderung führt uns zur Laguna Azul. Dabei durchqueren wir reissende Flüsse, weichen tosenden Schneelawinen aus, balancieren über schwindelerregend hohe Hängebrücken, schwimmen durch hohe Wasserfälle, durchqueren todesmutig die sumpfigen Moore, flüchten vor wildgewordenen Pferden und trotzen dem orkanartigem Sturm!!!
Okay, wir haben wohl ein wenig übertrieben, sooo schlimm ist es dann doch nicht: es sind eher seichte Bäche, die wir überqueren, die Lawinenabgänge beobachten wir aus der Ferne, die Hängebrücken sind maximal fünf Meter hoch und an den klitzekleinen Wasserfällen füllen wir unsere Wasservorräte. Ok, die Moore sind wirklich sumpfig (man rieche an unseren Schuhen), die Mustangs sind ganz brav und schleppen Vorräte und Gasflaschen die steilen Hänge hoch. Das Wetter ist windig und zum Teil regnet es leicht, es ist aber zum Glück nicht kalt.
Wir lassen uns Zeit und geniessen die Wanderung. Einige W-Trek Wanderer (berühmte 4-5 Tages (Tor)tour) überholen uns verbissen und ohne Blick für die Schönheiten der Natur, für die wohlriechenden Blumen, die farbigen Orchideen und die verschiedensten Vogelarten. Mit Ausblick auf den idyllisch gelegenen Lago Nordernskjöld bereiten wir unseren Lunch auf einem grossen Stein aus. Trotz fehlender Sonne ist dies ein tolles Weihnachts-Erlebnis!
Am Abend treiben die Gauchos die Reitpferde für die Touristen zurück auf die Weide, danach hoppeln grosse Feldhasen durch die Pampa (nein, das sind keine Pampashasen). An der Bar schlürfen wir leckere Cocktails, der Barkeeper hat mit seinen aussergewöhnlichen Kreationen schon einige Preise abgeräumt.
Früh am Morgen scheint die Sonne und die Berge sind wolkenfrei, hoffentlich bleibt das so! Heute wartet eine Herausforderung auf uns, die siebenstündige Wanderung zum Mirador Base de las Torres, der wohl berühmtesten Trekkingtour von ganz Chile. Das bedeutet aber auch, dass wir diesen Wanderweg nicht für uns alleine geniessen werden. Es ist eher eine Völkerwanderung, die sich langsam aber sicher den Hügel hochquält. Trotzdem, die Landschaft ist sehr ansprechend und wir kommen gut voran.
Die letzte Stunde ist taff, es geht steil 300 Höhenmeter über Stock und Stein den Berg hoch und auch wir kommen kräftig ins Schwitzen! Die Belohnung dafür wartet oben: der smaragdgrüne Gletschersee und der Ausblick auf das Massiv der Torresberge ist atemberaubend, fast 2’000 Meter ragen die Gipfel vor uns empor! Ein kleiner Wermutstropfen, leider verweigern uns die Wolken konsequent den Blick auf einen blauen Himmel, dazu umhüllen leichte Nebelschleier die hohen Bergspitzen.
Bei der Rückfahrt aus dem Nationalpark begegnen wir noch einer Herde von Guanacos, welche sich zur Tränke begeben. Im Car sind die meisten Fahrgäste am Schlafen, sie wirken total erschöpft. Die haben wohl eine anstrengendere Tour hinter sich als wir mit unserem «Trekking-light».
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